01.04.2014

Nur jeder Zehnte nutzt Fahrgemeinschaft

Forschungsschwerpunkt "Soziale Mobilisierungsstrategien im Politikfeld Klimaschutz" der FH ­­und die Stadt Bielefeld wollen gemeinsam klimafreundlicheres Alltagsverhalten fördern.

Bielefeld (fhb). Immerhin ein Drittel der rund 1.000 befragten Bielefelder Bürgerinnen und Bürger gibt an, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren, wobei insbesondere die jüngere Bevölkerung eine fleischreduzierte Kost bevorzugt. Außerdem zeigt man sich im Bereich Ernährung lokalpatriotisch: Etwa drei Viertel greifen zu regionalen Lebensmittelmarken, 12 Prozent kaufen sogar regelmäßig direkt beim Bauern.

Im Bereich der Mobilität kann Bielefeld auf ein gut ausgebautes ÖPNV-Netz verweisen. Trotzdem legt über die Hälfte der befragten Berufstätigen den Arbeitsweg mit dem eigenen Wagen zurück, und lediglich zehn Prozent nutzen Fahrgemeinschaften, obwohl der Weg zur Arbeits- oder Ausbildungsstelle gemeinsam sowohl günstiger als auch umweltfreundlicher zu bewerkstelligen ist.

All das sind erste Erkenntnisse, die im Rahmen einer repräsentativen Telefonumfrage zu umweltrelevanten Verhaltensweisen aus Bereichen wie Ernährung, Mobilität und Konsum gewonnen wurden. Sie sind Teil eines Forschungsprojekts der FH Bielefeld in Kooperation mit dem Dezernat für Umwelt- und Klimaschutz der Stadt Bielefeld, unterstützt vom Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid. Wie klimafreundlich das Alltagsverhalten in Bielefeld momentan ist - und in welchen Bereichen noch Raum für Verbesserungen besteht, das ist hier die zentrale Fragestellung. Prof. Dr. Michael Stricker, der Sprecher des Forschungsschwerpunkts 'Soziale Mobilisierungsstrategien im Politikfeld Klimaschutz': "Mit unserer Datenerhebung und der direkten Einbeziehung der Bielefelder Bevölkerung wollen wir in unserer Stadt die Basis für ein Umdenken der eigenen klimarelevanten Verhaltensweisen anstoßen. Dazu entwickeln wir in unserem Projekt ein Internet-Tool, mit dem die Bielefelder testen können, in welchen Bereichen sie bereits einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und wo noch Potenziale verborgen sind."

Die Stadt Bielefeld hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Um dies zu erreichen, kommt es auf die Beteiligung jeder einzelnen Bielefelderin und jedes einzelnen Bielefelders an. Weshalb im Rahmen des Forschungsprojekts lokal verankerte Vereine, Kirchengemeinden und Unternehmen als Partner gewonnen werden sollen. Gemeinsam möchte man Ideen und Strategien entwickeln und umsetzen, mit denen jede und jeder Einzelne im Alltag einen Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstoßes leisten kann. "Die wissenschaftliche Begleitung schließt neben der Entwicklung einer internetbasierten, interaktiven Informationsplattform auch weitere telefonische Umfragen ein", sagt Professor Stricker. Ziel der Forscher: gewohnte Verhaltensmuster in eine nachhaltige aktive Akzeptanz neuer klimaschonender Verhaltensweisen zu verändern. Damit demnächst dies nicht passiert: Befragt nach der Relevanz verschiedener Kriterien beim letzten Kauf von Elektrogeräten und Bekleidungsstücken spielte Umweltfreundlichkeit eine untergeordnete Rolle. Funktionalität, Preis und Design waren die entscheidenden Kriterien.

Anja Ritschel, die Umweltdezernentin der Stadt Bielefeld: "Wir wollen konkret wissen, wie die Bielefelder in Sachen Klimaschutz ticken und wie es mit der Bereitschaft zur Verhaltensänderung aussieht." An die Hochschule richtet sie ihren Dank, mit dem Forschungsschwerpunkt "Daten zu sammeln, die wir als Kommunalverwaltung nie hätten erheben können."

Das Forschungsprojekt ist auf fünf Jahre angelegt. Die jetzt Befragten werden nun einmal im Jahr von den Interviewern angerufen, um dieselben Fragen erneut zu beantworten. Jörg Erren, Projektleiter bei TNS Emnid: "Wenn 1000 Bürger an einer Befragung teilnehmen, dann hat sie auf jeden Fall einen repräsentativen Charakter. Die Erhebung verlief problemlos, es gibt nur ein paar Teilnehmer, die nicht mehr mitmachen wollen."   

Bielefelds Bürger liegen zurzeit nach Berechnungen der FH-Forscher mit ihrem jährlichen Pro-Kopf-CO2-Ausstoß von zehn Tonnen knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt vergleichbarer Städte von 10,63 Tonnen. Um allerdings auf die gewünschten sechs Tonnen, also 40 Prozent Reduzierung, zu kommen, bleibt noch eine Menge zu tun. Für die Forscher bedeutet das jetzt: den Klimaschutzgedanken in die Stadtteile zu tragen, um in möglichst vielen Köpfen die durchaus vorhandene Idee zur Tat werden zu lassen.