23.04.2015

Roboter basteln, Website erstellen und das Ding mit der Hygiene

Girls‘ und Boys‘ Day 2015 an der FH Bielefeld.

Bielefeld/Minden (fhb). Im ganzen Bundesgebiet schnuppern Schülerinnen und Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse am Girls' bzw. Boys' Day in Berufe und Studiengänge hinein, die meist vom jeweils anderen Geschlecht bevorzugt werden. Die Jungen und Mädchen sollen so motiviert werden, das Rollenverhalten in der Berufswahl zu hinterfragen. Mit einem bunten Programm hat sich die Fachhochschule (FH) Bielefeld am Zukunftstag für Jungen und Mädchen beteiligt. An den Standorten Bielefeld und Minden gab es praxisnahe Einblicke in die unterschiedlichen Studiengänge.

20 Mädchen zwischen 12 und 15 Jahren kamen am Girls' Day aus Minden, Herford, Oelde, Werther und natürlich Bielefeld ins Schülerinnen- und Schülerlabor experiMINT. Es ist bereits zum fünften Mal mit einem Workshop dabei, der schnell ausgebucht war. Mit spielerischem Ernst wurde in diesem Jahr mit Lego Mindstorms ein Roboter gestaltet, der nicht nur gut aussehen sollte, sondern auch einen Parcours bewältigen musste. Über Tablets wurden die Roboter-Schönheiten durch einen Pylonen-Slalom gesteuert, rollten einen Ball ins Tor und durchfuhren Tunnel. Anastasia, 13, von der Gertrud-Bäumer-Realschule Bielefeld: "Der Workshop im Schülerlabor hat mir gut gefallen, weil das Aufbauen und Steuern der Roboter lustig und aufregend war."

Ein Technikstudium ist auch Mädchensache, finden die Studentinnen Lisa Münstermann, Nermine Khairallah, Fiona Stallmann und Laura Rollenbeck und führten unter diesem Motto 30 junge Mädchen durch die spannende Welt der Technik. Die Girls´Day-Teilnehmerinnen der fünften bis neunten Jahrgangsstufe von Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien erhielten dabei interessante Einblicke in die verschiedenen Studiengänge des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik. Die Schülerinnen konnten dabei in verschiedenen Laboren selbst experimentieren, werkeln, testen und ausprobieren. Wie genau funktioniert eine computer-aided design Simulation am Computer und was genau ist eine Spacemouse? Am Computer wurde eine eigene CAD-Simulation entworfen und daraus eine Zeichnung erstellt. Und womit beschäftigen sich Studentinnen des Studiengangs Regenerative Energien? Im Labor der Verfahrenstechnik experimentierten die Girls in weißen Laborkitteln mit Farbstoffsolarzellen. Ist Maschinenbau auch für Mädchen interessant? Mit Hilfe von Roland Foth erstellten Teilnehmerinnen des Girls' Days im Werkzeugmaschinenlabor ihre eigenen Kettenanhänger mit graviertem Namen aus Edelstahl. Zum Abschluss des spannenden Tages an der FH Bielefeld gab es noch eine Führung durch das Audimax und ein Essen in der Mensa, um auch das Hochschulleben kennenzulernen. Die vier Studentinnen, welche die Mädchen den Tag über begleiteten, erzählten dabei über ihr Studentenleben sowie ihre Beweggründe für ein Technikstudium.

Zwölf Schülerinnen zwischen 12 und 15 Jahren waren ans Stadtholz gekommen, um sich am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik den Studiengang "Angewandte Mathematik" anzuschauen. Nach einer Führung durch die Räumlichkeiten des Studiengangs am Stadtholz konnten die Schülerinnen in verschiedene Lehrveranstaltungen schauen. "Denn ihr könnt nur einschätzen, wie das Leben an der Hochschule wirklich ist, wenn ihr auch einen Einblick in die Vorlesungen und einen Kontakt zu den Studierenden bekommt", erklärte Dr. Elke Koppenrade den Schülerinnen. Im Rahmen dieser Führung wurden ihnen auch die Labore gezeigt, die in der Mathematik hauptsächlich aus Rechnerräumen bestehen. "Wir machen hier angewandte Mathematik: Das bedeutet, viel am Rechner zu arbeiten und Simulationen für ganz verschiedene Bereiche durchzuführen, denn die Mathematik findet sich in fast allen beruflichen Disziplinen wieder", verdeutlichte Koppenrade. Anschließend  waren die Mädchen selbst gefragt: Dreieckszahlen, Quadratzahlen und Geometrie standen auf dem Programm. Mit mathematischen Knobelaufgaben bekamen sie einen ersten Vorgeschmack auf ein mögliches mathematisches Studium. Was man später damit alles anfangen kann, berichteten abschließend sieben Studierende, die derzeit ihr 14-wöchiges Pflichtpraktikum in unterschiedlichen Betrieben absolvieren. "Gerade der praktische Bezug macht den Unterschied zu einem Studium an einer Universität aus", findet Koppenrade.

Auch der Campus Minden hatte zum Girls' Day eingeladen: 20 Mädchen der Klassen sechs bis neun von Gymnasien aus Minden und Petershagen hatten sich angemeldet, um in die technischen Fächer hineinzuschnuppern. Um in kurzer Zeit möglichst viele Disziplinen kennenzulernen, haben die Mitarbeiter am Campus  kurzerhand die Motorenwerke Minden GmbH, kurz "MoMi", erfunden. "MoMi produziert bisher nur ein schwarzes Standardmotorrad, mit dem überwiegend männliche Kunden erreicht wurden. Jetzt haben Marktforschungen ergeben, dass eine große potentielle Zielgruppe weibliche Motorradfahrerinnen sind", erklärte Bettina Wittbecker, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Technik, die Ausgangssituation. Die Analyse der Zielgruppe habe ergeben, dass sie andere Farben für die Verkleidung bevorzugen, was die Schülerinnen direkt anhand einer CAD-Übung ausprobieren konnten.  Außerdem legen die Fahrerinnen mehr Wert auf Fahrerassistenzsysteme. Wie die funktionieren, lernten die Mädchen in einer Elektrotechnik-Übung, bei der sie einen Mikrocontroller auf einem Steckbrett in Betrieb nahmen. Wenn ein Produkt neu aufgestellt ist, muss es natürlich auch beworben werden. Dazu gehört unter anderem eine neue Website, die die Schülerinnen unter Anleitung von Informatik-Professorin Grit Behrens und Lutz Westhäußer gestalteten. Abschließend stellte Professorin Bettina Mons den Schülerinnen die Studiengänge des Fachbereichs Architektur und Bauingenieurwesen vor.

Am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit lernten Schülerinnen zwischen elf und 16 Jahren, eine eigene Homepage zu erstellen. Dazu machte Jutta Lau von der Lehreinheit Wirtschaft die Mädchen mit Texteditor und Browser vertraut. Bevor es praktisch wurde, erzählte den Schülerinnen Katrin Florschütz, Studentin der Wirtschaftsinformatik im vierten Semester, was sie zu ihrer Studienwahl bewegt hat und wie es ist, mit so vielen Jungen zu studieren. Den Mädchen gab sie mit auf den Weg: "Man muss logisch denken können und Interesse an Wirtschaft haben". Anschließend gab es zunächst eine Einführung in die Grundlagen der Auszeichnungssprache "html" und die Schülerinnen mussten üben, Texte in dieser zu schreiben und zu formatieren. Dann wurde es schwieriger: Eine Tabelle und schließlich Bilder sollten in html erarbeitet werden. Die elfjährige Carla freute sich, als sie es geschafft hat, ihr Lieblingsfoto mit einem Pferd auf ihre Internetseite zu bringen: "Am Anfang war es ein bisschen schwer. Nach ein wenig Übung ging es aber richtig gut", sagte die jüngste in der Mädchentruppe. Abgerundet wurde der Girls' Day an der Lehreinheit Wirtschaft mit einem Besuch in der FH-Mensa, wo die Mädchen sich ihr Menü selbst zusammenstellen konnten.

In der Lehreinheit Gesundheit wurde für die Boys aus dem dualen Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege heraus ein sogenannter "Praxistag Pflege" zum Thema Hygiene angeboten. Dabei wurde zunächst das Schulwissen zu Hygiene, Viren und Bakterien aufgefrischt. Im Anschluss durften die 15 Teilnehmer zwischen 12 und 16 Jahren selbst ausprobieren: Bei einem interaktiven Suchbild mussten Hygienefehler gefunden sowie das Pflegelabor "Skills Lab" erkundet und ausprobiert werden. Außerdem konnten die Jungen mit einer Speziallampe testen, wie viele Keime nach ihrer Händedesinfektion noch auf der Haut zu finden sind. In der Reflexionsrunde zeigte sich, dass vor allem die praktischen Übungen bei den Teilnehmern gut ankamen. Spannend war zudem der Besuch des Westdeutschen Rundfunks (WDR): Ein Filmteam war zu Gast und drehte für die Sendung "Lokalzeit Ostwestfalen-Lippe", die am Donnerstag, 23. April im WDR Fernsehen ausgestrahlt wurde. Anschließend wird die Sendung noch eine Woche in der Mediathek zur Verfügung stehen.

Text: Silja Stark, Brigitte Böwingloh, Dr. Elke Koppenrade, Nermin Köklüce, Franziska Reimann