21.12.2012

Unternehmen in der Krise – Strafrecht in der Krise?

Dr. Thorsten Gerdes, Richter am Landgericht Detmold, referiert am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit.

Bielefeld. Dr. Thorsten Gerdes, Richter am Landgericht Detmold und Mitglied der großen Strafkammer, war jetzt zu Gast am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit. Vor rund 60 Studierenden und Vertretern des Fachbereichs hielt er einen Vortrag zum Wirtschaftsstrafrecht. Gerdes war Berichterstatter in einem der größten Wirtschaftsprozesse der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland, dem so genannten "Schieder-Prozess".

In seinem Vortrag stellte Gerdes "eindrucksvoll die Schwierigkeiten dar, vor denen die Gerichte in Wirtschaftsstrafsachen stehen", so Prof. Dr. Axel Benning, Wirtschaftsrechts-Experte des Fachbereichs. Insbesondere habe Gerdes auf die fehlenden Fachkompetenzen der Richter für wirtschaftliche Problemstellungen hingewiesen. So seien Richter oftmals nicht in der Lage, Bilanzen zu lesen, geschweige denn, diese zu verstehen. Entsprechendes gelte für die am Verfahren beteiligten Schöffen. Gerdes: "Die Verfahren ziehen sich überdurchschnittlich lange hin, weil sie zum einen einer intensiven Vorbereitung bedürfen. Zum anderen dauert wegen der Schwierigkeit der Beweiserhebung aufgrund der Komplexität der Materie die Hauptverhandlung länger als in anderen Strafverfahren."

Hauptproblem bei der Entscheidungsfindung sei schließlich, die Grenze zu finden zwischen Verhaltensweisen, die lediglich nicht den "Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes" (Gerdes) entsprechen und solchen, die strafbar sind. Gerade für diese Verfahren seien intensive Kenntnisse sowohl des Strafrechts, aber auch des betriebswirtschaftlichen Hintergrundes notwendig. Professor Benning: "Vor allem in diesem Bereich eröffnen sich für Absolventinnen und Absolventen des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsrecht neue Betätigungsfelder."