23.11.2012

Unterschiedliche Facetten der häuslichen Gewalt

Gleichstellungsbeauftrage der FH Bielefeld, Hildegard Schumacher-Grub, veranstaltet Tagung.

Bielefeld (fhb). "Es gibt nicht 'den' Täter oder 'die' Gewalt", lautet das Fazit der Tagung "Häusliche Gewalt aus interdisziplinärer Sicht" an der Fachhochschule (FH) Bielefeld. Die Gleichstellungsbeauftragte der FH, Hildegard Schumacher-Grub, hat am Donnerstagvormittag, 22. November, Experten von der Hochschule und aus dem Praxisbereich eingeladen, um das Thema häusliche Gewalt aus mehreren Blickwinkeln zu beleuchten. Dabei wurde nicht nur das Augenmerk auf die Täter und die ausgeübte Gewalt gelegt, sondern es wurde auch der ausschlaggebende Aspekt der Geschlechterrolle sowie mögliche Gewaltpräventionen untersucht. Mit dieser Tagung verabschiedet sich Schumacher-Grub nach zehn Jahren von ihrem Amt als Gleichstellungsbeauftragte an der FH.

Rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Polizei und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Beratungsstellen aus dem familiären und psychologischen Sektor sowie Lehrende und Studierende hatten sich am Fachbereich Sozialwesen eingefunden. "Wir werden heute unterschiedliche Konstellationen der häuslichen Gewalt kennenlernen und über die sozialen wie psychologischen Definitionen sowie über die Motivation hinter der Gewalt sprechen", begrüßte die Gleichstellungsbeauftragte die Anwesenden.

Sechs Referentinnen gaben einen differenzierten Querschnitt  durch die unterschiedlichen Formen der häuslichen Gewalt. Heike Lütgert,  Kriminalhauptkommissarin a.D. und seit zwei Jahren als Dozentin an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Bielefeld tätig, berichtete über die Entwicklungen in "10 Jahren polizeilicher Wohnungsverweisung und dem Rückkehrverbot": "Durch diese Verbote sind die Opfer besser geschützt als noch vor ein paar Jahren. Heute heißt es in solchen Fällen, im Zweifel für das Opfer", berichtete sie aus ihrer jahrelangen praktischen Erfahrung in der Kriminologie und dem Opferschutz.

Christa Schirmacher und Silja Scheuermann vom Fachbereich Sozialwesen warfen in ihrem Vortrag die Frage auf, ob von Frauen verübte häusliche Gewalt milder beurteilt wird als die von Männern. Bei dem Begriff "Täter" gehe man meistens von Männern aus. Allerdings sei auch der Anteil der weiblich verübten häuslichen Gewalt nicht zu verschweigen.

Als externe Referentinnen berichteten Karin Boye Toledo und Cecilia Diaz vom AWO Frauenhaus Bielefeld über ihre praktische Arbeit mit Kindern mit Gewalterfahrung. "Die Väter wissen oft gar nicht, was sie ihren Kindern damit antun", berichteten sie. Dabei müssten Kinder noch nicht einmal selbst Gewalt erfahren haben. Allein die Gewalt unter den Eltern würde die Kinder zutiefst verstören.

In der abschließenden Diskussion fanden die Teilnehmer den Konsens, dass nicht pauschal von "dem" Täter und "der" häuslichen Gewalt gesprochen werden kann. Täter sollen nicht als "patriarchalische Gewalttätige" abgestempelt werden, sondern auch eine Chance zur Rehabilitation bekommen. Deshalb müsse das Angebot an Anlaufstellen ausgebaut werden. Nach einem niederländischen Vorbild sollte auch verstärkt an dem eigentlichen Konflikt in den Familien und Partnerschaften gearbeitet werden und alle Beteiligten in die Arbeit mit einbezogen werden.

Mit dieser Tagung verabschiedet sich Hildegard Schumacher-Grub von ihrem Amt als Gleichstellungsbeauftragte der FH Bielefeld. Nach zehn Jahren möchte sie gerne wieder andere Aufgaben an der FH wahrnehmen. Ihre Nachfolgerin wird Professorin Dr. Ulrike Settnik vom Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit. Professor Dr. Holger Hoffmann, Dekan des Fachbereichs Sozialwesen, bedankte sich für das herausragende Engagement von Schumacher-Grub. "Sie waren wirklich als Gleichstellungsbeauftragte tätig und Ihre Arbeit war von großer Fairness geprägt", bedankte sich Professor Hoffmann und erklärte, dass durch ihre Arbeit "der Fachbereich Sozialwesen wesentlich jünger, weiblicher und vernünftiger geworden ist".