19.05.2015

Vertragsgestaltung im Geschäftsverkehr mit China

Praxisvortrag für Wirtschaftsrecht-Studierende.

Bielefeld (fhb). "Risikomanagement im Geschäftsverkehr mit China - Möglichkeiten und Grenzen der Vertragsgestaltung" war das Thema eines Praktikervortrags vor Bachelor- und Masterstudierenden der wirtschaftsrechtlichen Studiengänge des Fachbereichs Wirtschaft und Gesundheit. Als Referent konnte Rechtsanwalt und Notar Dr. Nils Wigginghaus, Partner bei Brandi Rechtsanwälte, gewonnen werden, der mit einem Kooperationsbüro in Peking regelmäßig deutsche Mittelständler im wachsenden China-Geschäft anwaltlich berät.

So standen die praktischen Fragen der Geschäftsbeziehung zu chinesischen Vertragspartnern im Vordergrund des Vortrags. Die chinesische Wirtschaft ist in den letzten Jahren außerordentlich dynamisch gewachsen und selbst bei der momentan beklagten Wachstumsschwäche liegen die Zuwachsraten immer noch in Bereichen, von denen reife westliche Volkswirtschaften nur träumen. Entsprechend groß sind die laufenden Umwälzungen, aber auch die laufenden Probleme. Entgegen der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung habe sich dabei eine stark individualistische Gesellschaft herausgebildet, in der man dem Gegenüber in Vertragsverhandlungen ausgesprochen misstrauisch begegnet.

Daraus ergeben sich Schlussfolgerungen für Verhandlungen und Vertragsabschlüsse mit chinesischen Vertragspartnern. Eine umfassende, unter Umständen auch zeitaufwändige Prüfung im Vorfeld ist noch weitaus wichtiger als im westlichen Umfeld, angefangen bei der genauen Ermittlung des Vertragspartners. So wird nach Schätzungen von Dr. Wigginghaus in etwa 30 Prozent der englischsprachigen Verträge nicht einmal der chinesische Vertragspartner richtig mit den chinesischen Schriftzeichen bezeichnet mit der Konsequenz, dass später Ansprüche kaum durchsetzbar sind. Auch wenn es Zeit kostet, müsse deshalb dringend darauf geachtet werden, Risiken zu identifizieren und sich so weit wie möglich im Vorfeld zu informieren und sorgfältig zu überprüfen, um die vertragliche Gestaltung entsprechend anpassen zu können.

Als weiteres Problem der Vertragsgestaltung erweise sich oft, dass unsichtbar der chinesische Staat bzw. die Kommunistische Partei mit am Verhandlungstisch sitze, weil viele vertragliche Regelungen der Genehmigung bedürfen. Die Struktur und Hierarchie der staatlichen Stellen bzw. die Parallelstrukturen in der Partei seien für westliche Beobachter oft kaum zu durchschauen. Hinzu komme nach Beobachtungen von Dr. Wigginghaus in letzter Zeit noch eine erhebliche Schwerfälligkeit der Behörden. Die aktuelle Parteiführung betreibe die Bekämpfung der Korruption rigoros, wobei drakonische Strafen für Verstöße verhängt werden. Aus Angst davor flüchten die staatlichen Stellen dann oft in völlige Passivität.

Schließlich ging Dr. Wigginghaus noch auf die Frage der Rechtsdurchsetzung ein, insbesondere auf die Fragen nach einer geeigneten Gerichtsstandsvereinbarung. Im Ergebnis wird die Vereinbarung eines Schiedsgerichts oft das Mittel der Wahl sein.

So viel geballte Praxiserfahrung, immer wieder angereichert mit konkreten Beispielen (wer hat schon einmal eine chinesische Geschäftslizenz gesehen?), zog die Studierenden in den Bann. Die Studierenden des Masterstudiengangs "Vertragsgestaltung und -management" baten darum, der Referent möge bald wiederkommen und dann vielleicht auch einen Originalvertrag im Ganzen mit ihnen durchsprechen. Dem war seitens der einladenden Professoren nichts hinzuzufügen. Die entsprechenden Bemühungen laufen bereits.