27.06.2014

Steuerlicher Abzug von Erstausbildungskosten verfassungsrechtlich geboten

Antrittsvorlesung von Honorarprofessor Dr. Volker Kreft am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit.

Bielefeld (fhb). Seine Antrittsvorlesung als Honorarprofessor am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit hielt am 25. Juni Dr. Volker Kreft. Sein Thema: "Berufsausbildung Privatsache? Fehlende Akzeptanz der BFH-Rechtsprechung durch den Steuergesetzgeber". Gut 120 Zuhörer, unter ihnen Gäste aus Wirtschaft und Justiz, waren der Einladung in den Hörsaal 7 im Universitäts-Hauptgebäude gefolgt und wurden von Dekan Prof. Dr. Uwe Rössler begrüßt.

Prof. Dr. Eginhard Werner, er vertritt in der Lehreinheit Wirtschaft die Betriebliche Steuerlehre und die Unternehmensprüfung, skizzierte den Werdegang des neuen Honorarprofessors, der seit nunmehr 15 Jahren als Lehrbeauftragter für Steuerrecht am Fachbereich tätig ist. Erste Berufserfahrungen hatte Kreft im Finanzamt Bielefeld-Innenstadt gesammelt, anschließend studierte er an der Universität Bielefeld Jura und wurde hier promoviert. Nach dem 2. Staatsexamen arbeitete er dann sechs Jahre lang als Abteilungsleiter in der Konzernsteuerabteilung der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG in Bielefeld, bis er schließlich im April 2000 Richter für Steuerrecht am Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover wurde. Professor Werner: "Wir haben mit Dr. Kreft einen exzellenten Experten in unseren Reihen, der aus der Praxis kommt und die oftmals komplizierten steuerrechtlichen Zusammenhänge für unsere Studierenden verständlich aufbereitet."             

Prof. Dr. Roman Seer, der an der Ruhr-Universität Bochum den Lehrstuhl für Steuerrecht bekleidet und Kreft seit langen Jahren gut kennt, eröffnete den fachlichen Teil der Veranstaltung mit einem ausführlichen Referat zum Thema "Vom Nichtanwendungserlass zum Nichtanwendungsgesetz - zum Kampf der Staatsgewalten". Im Anschluss dann die Antrittsvorlesung, in der Kreft die Frage aufwarf, in welcher Form Aufwendungen für Bildung seitens der Finanzbehörden steuermindernd zu berücksichtigen sind. Kreft ließ die diesbezügliche Rechtsentwicklung der vergangenen 70 Jahre Revue passieren und erläuterte dann die aktuelle Gesetzeslage mit ihren steuerlichen Auswirkungen. Er hob hervor, dass der Gesetzgeber die Zweitausbildung begünstige, die Aufwendungen für die Erstausbildung jedoch der Privatsphäre zuweise. Die Konsequenz: In den meisten Fällen wirken sich die Ausgaben für die Ausbildung steuerlich nicht aus.

Dieser Zustand halte jedoch, so Kreft, einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand. Er würde gegen das vom Gesetzgeber zu beachtende Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit verstoßen. Das Ergebnis seiner Bewertung: Die derzeitige Gesetzeslage sei verfassungswidrig. Abzuwarten bleibe, ob der mit der Problematik befasste VI. Senat des Bundesfinanzhofs ebenfalls die Verfassungswürdigkeit rügt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegt.

Im Ergebnis sei der Abzug von Erstausbildungskosten verfassungsrechtlich zur Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips geboten, meint Kreft. Um nicht Luxusausbildungskosten zu begünstigen, sollte ein Abzug bis zu einer Höchstgrenze von 12.000 Euro jährlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben gewährleistet werden, so das Fazit des neuen Honorarprofessors.  

Es ist erst die dritte Honorarprofessur, die seit 1971 am Fachbereich verliehen wurde. Dekan Rössler: "Es bleibt dabei: Diese Auszeichnung ist an unserem Fachbereich etwas ganz Besonderes. Wir würdigen damit außergewöhnliche Leistungen in der Lehre und der Wissenschaft. Honorarprofessor Volker Kreft ist, unter anderem auch wegen seiner zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen, einer der wenigen, der diesen Ansprüchen voll und ganz gerecht wird."