05.07.2017

Plakartive 2017

"Seriös – Souverän – Süffisant"
Die 3. PLAKARTIVE unter dem Ostwestfalendamm wird am 6.7.2017 eröffnet.

Bielefeld (fhb). Provozieren will sie, zum Nachdenken anregen, Kunst ist in diesem Fall nicht politikfrei. Im Gegenteil: die Künstler und die Initiatoren der Plakartive 2017 in Bielefeld bekennen sich, beziehen Positionen, thematisieren unter anderen Trump und Putin, Flüchtlingspolitik, Social Media und die Stützen der Gesellschaft. „MESS.AGE“ lautet das Thema in diesem Jahr. Der Katalog zur Ausstellung, 190 Seiten stark, reich bebildert, wirbt für die Plakartive mit dem Dreiklang: „Seriös - Souverän – Süffisant“. Und einer der ausstellenden Künstler, Thorsten Höning, zitiert Karl Marx: „Kunst ist nicht ein Spiegel, den man der Wirklichkeit vorhält, sondern ein Hammer, mit dem man sie gestaltet.“

Zum dritten Mal nach 2012 und 2015 ist diese „Bielefeld-Biennale“, wie sie sich selber nennt, zu sehen: Kunst im öffentlichen Raum in Bielefeld–Mitte, Mindener Straße unter dem Ostwestfalendamm, von der Unterführung an der Feilenstraße bis zur Unterführung an der Arndtstraße. Zeitraum: 6. Juli bis 20. August.

Uwe Göbel, Designer und Professor für Visuelle Kommunikation am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule (FH) Bielefeld, steht für das Ausstellungskonzept, lädt die Künstlerinnen und Künstler persönlich zum aktiven Mitmachen ein und wird von einer Gruppe Studierender unterstützt, die die umfangreichen Projektarbeiten mitbetreuen. Bei der Inszenierung der Ausstellung steht ihm der Schweizer Kulturphilosoph, Künstler und Kurator G. J. Lischka zur Seite. Göbel: „Mit dem Begriff „MESS.AGE“, der im doppelten Sinn Botschaft und Chaos-Zeitalter übersetzt, will die Ausstellung in diesem Jahr Zeichen setzen: will Haltung beziehen und Standpunkte zeigen in einer Zeit sozialer Ungleichheit und politischer Unsicherheit.“

23 Künstlerinnen und Künstler sind seinem Aufruf gefolgt, „fast 50 Prozent mehr Arbeiten als vor zwei Jahren“. Im gesamten Ausstellungsbereich werden neben den vorhandenen Großplakatflächen und Litfass-Säulen zusätzlich 50 mobile Plakatwände aufgestellt. Insgesamt stehen damit 70 Großflächen für Künstlerarbeiten zur Verfügung. Die Ausstellung führt international bekannte und erfahrene sowie junge und noch unbekannte Künstlerinnen und Künstler - Art-Experiments - zusammen, „deren Arbeiten prädestiniert sind für die Anwendung im öffentlichen Raum einer Metropole“ (Göbel).

Beispiele gefällig: Klauz Staeck hat Donald Trump als „Lügenbaron“ auf eine (Welt-)Kugel gesetzt. Jannik Weiß, 25-jähriger Nachwuchs-Gestalter vom FH-Fachbereich, rückt gleichfalls den US-Präsidenten mit „Stumpf ist Trumpf“ ins Blickfeld und zeigt zudem mit „The Wall“ eine Collage aus Whiskey- und Tequila-Flasche. Timm Ulrichs irritiert mit Sonnenbrille, einem Blindenstock in der Hand und der Botschaft: „Ich kann keine Kunst mehr sehen“. Herbert Kretzschmar, der unter anderem einige Cover der Rolling Stones („Some Girls“, „Tattoo You“) entworfen hat, verfremdet Wladimir Putin und die Mona Lisa. Literaturnobelpreisträgerin Hertha Müller erzählt mit einzelnen Wörtern ganze Geschichten.

Ralf Schultheiß positioniert „acht Menschen, die sich für Menschen interessieren“, ganz „normale“ Mitbürger, die er „Stützen der Gesellschaft“ nennt. Herlinde Koelbl thematisiert Geflüchtete und fragt sich „wie es weiter geht nach der Ankunft, wenn die Zukunft ungewiss ist“.

 

Dr. Udo Witthaus, Kulturdezernent der Stadt Bielefeld, hat die Plakartive seit den Anfängen unterstützt und ist vom Zuspruch angetan, obwohl die Wahl des Veranstaltungsortes zunächst gewöhnungsbedürftig war: „Wir machen das hier, weil das mit Sicherheit einer der unattraktivsten Orte Bielefelds ist, hier würde man Kultur am wenigsten vermuten. Andererseits ist die Plakartive eine der meistbesuchten Ausstellungen Deutschlands, würde man die vorbeifahrenden Autofahrer mitzählen.“

An die geht allmorgendlich der in großen Buchstaben aufgetragene Gruß: „Mut tut gut“ des Aktionskünstlers FLATZ. Professor Uwe Göbel: „Kurze Botschaften mit aufmunterndem Charakter, auch das ist die Plakartive.“