02.11.2012

32. Bielefelder Fotosymposium 2012

The Jewish Engagement with Photography. 
In Kooperation mit dem Department of Hebrew and Jewish Studies, University College London (UCL) und dem Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück

Das jüdische Engagement für die Fotografie hat sich in zahlreichen fotografischen Positionen und theoretischen Reflexionen einflussreich bemerkbar gemacht. Gleichwohl ist dieser Tatbestand in der Forschung zum Wirkungsgehalt der Fotografie bislang weitgehend unberücksichtigt geblieben.

Nicht allein aus historischem Interesse, sondern vor allem, um Erkenntnisse für aktuelle Ausrichtungen der Fotografie zu gewinnen, wird sich die Tagung auf jene Impulse aus der jüdischen Tradition beziehen, die sich - so die These - auch für den Bilddiskurs der Gegenwart als besonders produktiv erweisen können. Die Frage, wie sich die an der Schrift ausgerichtete jüdische Kultur mit der fotografischen Bildproduktion verbinden lässt, wird dabei im Fokus stehen.

Der FSP Fotografie und Medien der Hochschule Bielefeld und das Department of Hebrew and Jewish Studies des University College London haben sich zusammengefunden, um das jüdische Engagement für die Fotografie auf einer Tagung mit Referenten aus dem In- und Ausland aus unterschiedlichen Perspektiven zur Diskussion zu stellen.

Bildwissenschaftliche, theologische, psychologische und philosophische Deutungsansätze verfolgen einerseits das Ziel, den Denkraum für dieses alltäglich verwendete wie ebenso künstlerisch genutzte Medium zu erweitern und andererseits neue Impulse für dessen schöpferische Ausrichtung zu geben.

Martin Roman Deppner & Michael Berkowitz

 

 

32th Bielefelder Symposium für Fotografie und Medien

Research Centre Photography and the Media, University of Applied Sciences, Bielefeld

Department of Hebrew and Jewish Studies, University College London

Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück

The Jewish Engagement with Photography

29th/30th November 2012

The powerful Jewish engagement with photography has been felt in numerous photographic positions and theoretical reflections. This fact has, however, so far remained largely neglected in the research on the effectivity of photography.

It is not only due to historical interest that the conference places its focus on those impulses from the Jewish tradition which - so the thesis - have also turned out to be especially productive for the visual discourse of the present; even more important is the aim to gain insights for the direction of contemporary photography. The question in the focus of the conference will therefore be how the Jewish culture which is oriented towards writing can be connected to photographic image production.

The Research Centre Photography and the Media at the University of Applied Sciences and Arts in Bielefeld and the department of Hebrew and Jewish Studies of University College, London have jointly organized a conference with international speakers to create a forum of discussion from various perspectives for the Jewish engagement with photography.

The aim of interpretative approaches from visual culture studies, theology, psychology and philosophy is on the one hand to expand the reflective space for this medium which is used as an artistic as well as an everyday practical medium, and on the other hand to give new impulses for its creative direction.

Martin Roman Deppner & Michael Berkowitz

 

Auftaktveranstaltung zum 32. Fotosymposium

20.11.2012

 

Plakate_klein

Am 20.11.2012 fand am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Bielefeld die Auftaktveranstaltung zum 32. Bielefelder Fotosymposium 2012 statt. Als Gast war der israelische Fotograf Yakoov Israel eingeladen. Neben einer Portfolio-Review für Studierende zeigte Yakoov Israel in einer Werkschau im Videostudio Auszüge seiner Arbeit.

Am Abend wurde in der Hochschulgalerie die Ausstellung »Und nächstes Jahr in Jerusalem« eröffnet. Es wurden 15 fotografische Positionen von Fotografiestudierenden gezeigt, die im Rahmen einer Exkursion nach Jerusalem entstanden waren. Zur Ausstellung erschien ein gleichnamiger Katalog, der im Rahmen der Vernissage vorgestellt wurde.

Darüber hinaus waren während des 32. Bielefelder Fotosymposiums, das in diesem Jahr im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück stattfand, Teile der Ausstellung auch dort zu sehen

The Jewish Engagement with Photography. Bericht zum 32. Bielefelder Fotosymposium 2012

21.01.2013

Beamerprojektion_Symp 2012

von Thomas Abel

(Bielefeld/Osnabrück) Das 32. Bielefelder Fotosymposium des Forschungsschwerpunktes (FSP) Fotografie und Medien der Hochschule Bielefeld zum Thema The Jewish Engagement with Photography fand in diesem Jahr nicht wie gewohnt am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Bielefeld statt. Aufgrund der besonderen Thematik hatte man eine Kooperation mit dem Felix-Nussbaum-Haus initiiert und die Tagung in die Räumlichkeiten des Museums in Osnabrück verlegt. Um den traditionellen Tagungsort Bielefeld aber nicht ganz von der Veranstaltung auszuschließen, fand eine Woche vor dem eigentlichen Symposium in Osnabrück eine Auftaktveranstaltung am Fachbereich Gestaltung statt, bei der der israelische Fotograf Yaakov Israel (Bezalel Academy of Arts and Design, Jerusalem) zu Gast war. Neben einer Portfolio-Review für Studierende präsentierte Yaakov Israel in einer Werkschau Auszüge seines fotografischen Schaffens. Im Anschluss an die Werkschau wurde in der Hochschulgalerie die Ausstellung Und nächstes Jahr in Jerusalem eröffnet. Es waren 15 fotografische Positionen von Fotografiestudierenden zu sehen, die im Wintersemester 2011/12 im Rahmen einer Exkursion nach Jerusalem unter Leitung von Prof. Axel Grünewald entstanden waren. Der Exkursion war ein Seminar zum Thema vorausgegangen, als Kooperationsveranstaltung der Lehrgebiete Fotografie (Prof. Axel Grünewald) und Medientheorie (Prof. Dr. Martin Roman Deppner). Zur Ausstellung erschien ein gleichnamiger Katalog, der im Rahmen der Vernissage vorgestellt wurde.

Zur Haupveranstaltung des 32. Bielefelder Fotosymposiums The Jewish Engagement with Photography in Osnabrück am 29./30. November 2012 waren ReferentInnen aus den Bereichen der Fototheorie und der fotografischen Praxis eingeladen, um über den Einfluss jüdischer Denktraditionen und Denkmuster auf die Fotografie und über das Engagement jüdischer Fototheoretiker und Fotopraktiker für die Entwicklung des Medium zu diskutieren.

Felix-Nussbaum-Haus

Kooperationspartner der Veranstaltung des FSP in Osnabrück war neben dem Felix-Nussbaum-Haus das Department of Hebrew und Jewish Studies des University College London (UCL), vertreten durch Prof. Dr. Michael Berkowitz.
Prof. Michael Berkowitz hatte zusammen mit Prof. Dr. Martin Roman Deppner die Tagung initiiert, das Tagungsprogramm ausgearbeitet und die ReferentInnen eingeladen. Das Felix-Nussbaum-Haus als international bekannter Ort jüdischer Kunst und Kulturarbeit bildete den passenden Rahmen, um über dieses überaus interessante, aber bisher kaum reflektierte Schlüsselthema der Fotografiegeschichte und fotografischer Bildkultur zu beraten. Ein sichtbares Zeichen Bielefelds durfte bei der Veranstaltung in Osnabrück jedoch nicht fehlen. So war ein Teil der Ausstellung Und nächstes Jahr in Jerusalem aus der Bielefelder Hochschulgalerie in das Felix-Nussbaum-Haus gebracht worden.

Ausstellung Jerusalem


Dass das Thema der Tagung bei Experten große Beachtung findet und in einer Vielzahl von Forschungsprojekten unterschiedlicher (bild-)wissenschaftlicher Disziplinen bearbeitet wird, machte ein Blick in das Tagungsprogramm deutlich. So waren WissenschaftlerInnen aus den USA, Kanada, Israel, England und Deutschland angereist, um ihre Forschungsprojekte und Thesen zu präsentieren und diskutieren. Darüber hinaus waren drei Fotografinnen aus Tel Aviv und London nach Osnabrück gekommen, um ihre fotografische Arbeiten vorzustellen.
Zu Beginn der Tagung begrüßte Prof. Dr. Martin Roman Deppner, Professor für Medientheorie am Fachbereich Gestaltung der FH Bielefeld und Sprecher des FSP Fotografie und Medien die angereisten Gäste und die ReferentInnen aus dem In- und Ausland.

Einführung_Deppner

Zur Einführung in das Tagungsthema skizzierte er in seinem anschließenden Eröffnungsvortrag unterschiedliche Formen jüdischen Engagements für die Fotografie, die er in Bezug zu genuinen Erfahrungen des Judentums und jüdischer Kultur setzte. Dazu zählten unter anderem eine starke Ausrichtung jüdischer Kultur- und Denktraditionen am Medium der Schrift und deren Auslegung und Kommentierung, besondere Formen des Bilderdenkens und der Bildpraxis im Zuge eines allgemein postulierten Bilderverbots, Erfahrungen von Diaspora und Akkulturation als kulturelle Paradigmen und andere Topoi jüdischer Selbst- und Fremdbeschreibung. Es wurde deutlich, dass die Fotografie in zahlreichen fotografischen Positionen und theoretischen Reflexionen durch jüdische Denktraditionen und Weltsichten beeinflusst ist. Doch nicht allein das historische Interesse stand im Mittelpunkt des einleitenden Vortrags. Vielmehr ging es darum, jene Phänomene jüdischer Tradition herauszustellen, die nach Prof. Deppner für den fotografischen Bilddiskurs der Gegenwart relevant sind: die Bedeutung von Bildern und besonders von Fotografien als Träger sozialer, kultureller, persuasiver und magischer Potenziale und ein reflexiv ausgerichtetes Weltverständnis im Judentum, das über fotografische Bilder geschaffen und vermittelt wird. Eine seit ihren Anfängen auf zukünftiges und auf Dialog und Kommentierung ausgerichtete jüdische Kultur stehe in einem besonderen Verhältnis zur Fotografie als »das Medium der Moderne und Postmoderne«, in der starre Grenzbestimmungen aufgehoben, in Bewegung geraten würden und zur Disposition stünden.
Diesen thematischen Spuren des Einleitungsvortrags folgend wurde in den folgenden Präsentationen der Tagung nicht nur fotografiegeschichtliches präsentiert. Vielmehr wurden theologische, kunstwissenschaftliche, philosophische und psychologische Fragen des Judentums und jüdischer Kultur mit bildwissenschaftlichen Fragen zur Fotografie kombiniert.

Prof. Dr. Michael Berkowitz, Professor für Moderne Jüdische Geschichte am Department für Hebräische und Jüdische Studien des University College London (UCL), stellte in seinem Vortrag Jews in Photography and the Jewish Self-Image jüdische Protagonisten in den Fokus, die in der Geschichte der Fotografie in verschiedensten Bereichen Bekanntheit erlangt haben: als Fotojournalisten, Werbe-, Mode-, Sportfotografen oder Teilnehmer ethnografischer Expeditionen, als Entwickler optischer und fotografischer Technologien, als Geschäftgründer, die Kameras, Filme und Fotoausrüstungen im Groß- und Einzelhandel vertrieben et cetera.

Vortrag Berkowitz

Auch wenn es den jüdischen FotografInnen in erster Linie nicht unbedingt um die Erfassung eines jüdischen Selbstbildes gegangen sein mag, so Berkowitz, so hätten deren Aktivitäten unweigerlich doch zu einer Verschmelzung der Fotografie mit unterschiedlichsten Avantgarde-Bewegungen geführt. Dies gelte sowohl im Bereich der Technik und des Sozialen wie gerade in den Feldern von Kunst und Kultur.

Dr. Eric Jacobson, Professor für Judaistik an der University of Roehampton, präsentierte in seinem Vortrag Sparks in the Lens: Benjamin, Photography, Kabbalah eine - in Anlehnung an die von Man Ray entwickelte fotografische Technik der umgekehrten Schattenbildung belichteter Objekte - Denkweise der Fotografie, die fotografische Bilder als Organe der Wahrnehmung (Walter Benjamin) charakterisiert und diese mit Methoden der Schriftauslegung (Psychoanalyse, Phänomenologie, Kabbala etc.) analysiert.

Vortrag Jacobson

Diese Form einer psychoanalytischen, phänomenologischen und kabbalistischen Bildauslegung von Fotografien führte er an unterschiedlichen Bildbeispielen vor.

Prof. Dr. Milly Heyd von der Abteilung Kunstgeschichte der Hebrew University of Jerusalem machte in ihrem Vortrag Jewish Photographers and Identity: Urban, Ethnic, Gender and the Avant-Garde deutlich, dass die Bezeichnung »jüdische Fotografie« im Rahmen der Diskussion über Formen jüdischen Engagements für die Fotografie unter Umständen zu einer problematischen Kategorie werden kann.

Vortrag Heyd

Dagegen favorisiere sie den Begriff »jüdische Identität« als Topos, der für die Fotografieforschung anschlussfähig sei. Der Vorteil dieser Forschungsperspektive nach jüdischer Identität/jüdischen Identitäten sei es, dass Ebenen des Universellen und des Spezifischen nebeneinander stehen und koexistieren können. Am Bespiel berühmter Straßenfotografen und deren Arbeiten führte sie ihre Überlegungen zu jüdischer Identität in fotografischen Bildern aus.

Zum Ende des ersten Kongresstages referierte Prof. Dr. Mary Bergstein, Professorin für Kunstgeschichte und Visuelle Kultur am Rhode-Island-Institut für Design in Providence, zum Thema The Saturn Films: Eros in Freud's Vienna.

Vortrag Bergstein

Am Fallbeispiel dieser frühen Stummfilme erweiterte sie die Diskussion über jüdisches Engagement für die Fotografie/Fototheorie auf den Bereich des Bewegtbildes und die Filmtheorie und kombinierte in Rückgriff auf Forschungsansätze Sigmund Freuds psychoanalytische mit bild- und filmwissenschaftlichen Fragestellungen.

 

Im Anschluss an die Vorträge des ersten Kongresstages eröffnete Inge Jaehner, Direktorin des Felix-Nussbaum-Hauses, die Hauptausstellung zum diesjährigen Fotosymposium - Still Here - der Londoner Fotokünstlerin Lydia Goldblatt. Nach einführenden Worten von Prof. Dr. Martin Roman Deppner zu den fotografischen Arbeiten klang der erste Tag des Symposiums mit einem kleinen Umtrunk und anregenden Gesprächen der TagungsteilnehmerInnen aus.

Einf_Ausst_Deppner
Ausst_02

 

 

Der zweite Kongresstag startete mit einer Präsentation von Prof. Dr. Anna Zika, Professorin für Theorie der Gestaltung an der FH Bielefeld. Unter dem Titel Dahinter steckt ein kluger Kopf - Else Neulaender-Simon, stellte Frau Prof. Zika Leben und Werk der deutschen Jüdin Else Neulaender-Simon, genannt Yva, als eine engagierte Fotografin und Bildpraktikerin der 1920er Jahre vor.

Vortrag Zika

Im Bereich der Atelier- und Modefotografie leistete die Berliner Fotografin einen öffentlichkeitswirksamen und wirkmächtigen Beitrag zum Bild der Neuen Frau in der Weimarer Republik. Das veränderte Rollenverständnis der Geschlechter wurde im Leben der Fotografin und ihren Bildern eindrucksvoll sichtbar.

Prof. Dr. Martin Roman Deppner stellte in seinem Vortrag Bildwanderungen: Lee Friedlander und R.B. Kitaj Arbeiten zweier bekannter Kunstschaffender vor - des Fotografen Lee Friedlander und des Malers R.B. Kitaj - die sich Zeit ihres Lebens freundschaftlich verbunden waren.

Vortrag Deppner 2

In den Bildwelten des Fotografen Friedlander mit seinen Brechungen und Überlagerung fotografischer Effekte, mit Licht- und Schattenwechsel und den Bildwelten des diasporistischen Malers Kitaj, der in seinen Bilder die Komplexität rabbinischer Textauslegung in ästhetische Strukturen der Moderne und Postmoderne zu übertragen verstanden habe, so Prof. Deppner, wurden Wechselwirkungen identifiziert und herausgearbeitet. Als Transformationen jüdischer Identität im Bild wurden einzelne Arbeiten in der direkten bildlichen Gegenüberstellung von Fotografie und Malerei als sich kommentierende und ergänzende Bildpaare analysiert.

Dr. Claude Sui, Leiter und Kurator des Forums Internationale Photographie der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, referierte unter dem Titel Helmut Gernsheim - Pionier der Fotogeschichte und seine Sammlung über das Engagement des deutschen Fotografen, Fotografiehistorikers und Sammlers Helmut Gernsheim, der als Halbjude Deutschland in den 1930er Jahren verlassen musste.

Vortrag Sui

Mit Gespür und Sachverstand für die Fotografie als autonomes Medium der Abbildung und Sinnbildung habe Gernsheim früh deren Potenzial als eigenständige Kunstform erkannt und eine einzigartige fotografische Sammlung aufgebaut, aus der Auszüge vorgestellt wurden.

Zum Abschluss der Tagung folgten drei Werkschauen von Fotografinnen und Fotokünstlerinnen, die sich in ihrer Arbeit in unterschiedlicher Art und Weise mit ihrer jüdischen Herkunft, mit jüdischer Geschichte, jüdischen Denk- und Bildtraditionen und jüdischen (Bild-)Erfahrungen auseinandersetzen und unterschiedlichste Impulse jüdischer Tradition und Weltanschauung in individuellen Formen zur fotografischen Anschauung brachten.

Lea Golda Holterman (Tel Aviv) stellte in ihrer Werkschau Arbeiten vor, die sowohl Innen- als Außenansichten auf jüdische Kultur und Identität zu sehen gaben. Unter anderem präsentierte sie ihr Projekt Orthodox Eros, Porträts junger orthodoxer Juden, die sich zwischen dokumentarischer Abbildung, fotografischer Selbstinszenierung gelebter Rollenhabitus und der Zitation modefotografischer- und kunstgeschichtlicher Vorbilder ausgestalten.

Vortrag Holterman

In der Vorstellung ihrer Arbeit und der Diskussion mit dem Publikum zeigte sich die Fotografin als engagierte Künstlerin, für die ihre fotografische Praxis identitätsstiftend und identitätskritisch zugleich erscheint.

Lydia Goldblatt (London) stellte in ihrer Werkschau das reiche Bildpotenzial ihrer Fotografie unter Beweis. In den Arbeiten All Flesh is und Still Here benutzte die Fotokünstlerin unterschiedliche fotografische Strategien und Potenziale, um sich am Beispiel eigener familiärer Themen mit der Fotografie als Ausdrucksmittel für innere und äußere Prozesse von Lebensformung und -erfahrung auseinanderzusetzen.

Vortrag Goldblatt

Die Fotografie diente ihr dabei als Schlüsselmedium zur Visualisierung von Erfahrungen, die sie in teils poetische, teils realistische fotografische Bilder übersetzte.

Michal Barror (London) zeigte in ihrer Werkschau Where Are You From? mehrere Projekte, in denen sie die Fotografie dazu einsetzte, um über Mechanismen der Geschichts- und Identitätskonstruktion im Bild nachzudenken.

Vortrag Baror

Fotografieren führe dabei zur Überwindung geografischer Begrenzungen und verfestigter historischer Perspektiven, so die Fotografin in ihrem Vortrag. Fotografien dienten ihr als Ressourcen, um die eigene Identität als Teil einer nationalen Gruppe zu definieren und ihr Verhältnis zu ihrem Heimatland Israel zu bestimmen, was sich in ihren Bildern eindrucksvoll zeigte.

Im abschließenden Plenum der ReferentInnen und des Publikum wurden noch einmal verschiedene Aspekte der Tagung aufgegriffen und diskutiert. Es zeigte sich, dass das Verhältnis zwischen Judentum und Fotografie nicht nur ein facettenreiches Forschungsfeld eröffnet, das erst zu kleinen Teilen erschlossen ist und großes Potenzial für die Fototheorie und -praxis mit sich bringt. Vielmehr wurde deutlich, dass die Bedeutung der jüdischen Kultur für die Entwicklung der Fotografie nicht zu unterschätzen ist. So habe sich nicht nur jüdisches Engagement für die Fotografie in zahlreichen fotografischen Positionen und theoretischen Reflexionen einflussreich bemerkbar gemacht. Jüdische Denktraditionen und Bildauffassungen seien vielmehr integraler Bestandteil ihrer technischen, medialen und soziokulturellen Entwicklung. Insofern erfüllte die Veranstaltung den Wunsch der Organisatoren, den Denkraum für die Fotografie als künstlerisch genutztes wie alltäglich verwendetes Medium um die Perspektive einer jüdischer Denktradition und Bildkultur zu erweitern und dadurch neue Impulse für die schöpferische Ausrichtung und Reflexion der Fotografie zu geben.