18.02.2022

Als Avatar in die Vorlesung

Prof. Dr. Jan Robert Ziebart hielt seine Vorlesung im Modul CAD mit Hilfe der Virtual Reality Technologie und der Software MyScore im virtuellen Raum. Die Studierenden nahmen als Avatare teil.

„Wie sieht die Lehre der Zukunft aus?“ Diese Frage stellte sich Prof. Jan Robert Ziebart. Um der Antwort näher zu kommen und die Zukunft der Lehre auch aktiv mitgestalten zu können, hielt der Lehrende der FH Bielefeld seine Vorlesung Virtual Reality (VR) / Augmented Reality (AR) kurzerhand im komplett virtuellen Raum. 40 Studierende des Bachelorstudiengangs nahmen an der Veranstaltung teil. Sie setzten oder stellten ihre Avatare in den virtuellen Hörsaal und folgten der für das fünfte Semester üblichen Vorlesung zur rechnergestützten Konstruktion. „Aus einer relativ spontanen Idee entstand ein in dieser Form unerwarteter und motivierender Erfolg. „Dank der Hilfe meines Kollegen Professor Nacken von der der RWTH Aachen konnte ich die Vorlesung schnell und unkompliziert umsetzen. Ich musste mir lediglich einen Platz auf seinem Server reservieren, die echten Folien in die Applikation streamen und konnte dank des virtuell bereits gebauten Hörsaals direkt loslegen!“, erzählt Ziebart enthusiastisch.

Zu diesem Zweck nutzte der für das Lehrgebiet Konstruktion zuständige Professor die Ausstattung des VR-Labors des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik. Die Studierenden konnten wahlweise vom eigenen PC zu Hause oder direkt aus dem CAD-Seminarraum nebenan teilnehmen. „Es war mir wichtig, herauszufinden, ob das Lehren im virtuellen Raum eine wirkliche Alternative zur Präsenz- beziehungsweise zur klassischen Onlinelehre sein kann. Und sie ist es. Natürlich gab eine gewisse Eingewöhnungsphase, aber neben dem Vorteil ortsunabhängig zu sein, fühlt sich das Ganze beinahe wie eine klassische Livevorlesung an.“, so Ziebart.

Doch nicht nur der Professor zeigt sich begeistert, wie die spontanen Rückmeldungen der Studierenden zeigten: „Ich hatte das Gefühl in einer echten Vorlesung zu sitzen. Mit einer einfachen Tastatursteuerung und einer handelsüblichen Maus konnte ich mich im Raum bewegen und mich beispielsweise in die erste Reihe, neben Kommilitonen setzen, die Präsentation noch besser sehen und erstmals seit langem dabei nicht auf Abstände achten“, äußert ein Student. „Auch die Ablenkung ist nicht mehr so groß wie bei der klassischen Arbeit am Bildschirm. Du bist sozusagen full-screen in der Vorlesung“, so eine der Teilnehmerinnen. Ihr Kommilitone ergänzt: „Es ist mit der Ego-Perspektive aus diversen Videospielen zu vergleichen, man fühlt sich besser einbezogen als beispielsweise bei Zoom. Es gibt natürlich Verbesserungspotential, aber grundsätzlich hat die VR-Vorlesung enormes Zukunftspotential. Professor Ziebart zeigt sich erleichtert: „Es geht nichts über Präsenz, ganz klar, aber eine lohnenswerte Alternative zu den üblichen Videokonferenzen ist damit gefunden. Ich schaue nicht mehr auf schwarze Kacheln, sondern sehe die Studierenden wenigstens als Avatare“.

Ganz unabhängig von der momentan pandemiebedingen Lage, sei die virtuelle Wirklichkeit eine gewinnbringende Möglichkeit für Bereiche der Ingenieurwissenschaften, die didaktisch schwer zu vermitteln sind. „Wie sieht die Belastung in einem Bauteil aus? Wo ist Zug, wo ist Druck? Eine Schraube kann ich anfassen und sehen, Stromfluss, Schraubkräfte, Stärke oder Spannungen nicht. Mit Hilfe der VR Technologie ist das möglich. Ich schaue mit den Studierenden in ein sich drehendes Getriebe oder besichtige Orte, ein Kraftwerk oder ähnliches, wo man sich in Wahrheit nicht so allumfassend wie erforderlich bewegen kann. Meine Vision ist Dinge in der Lehre erfahrbar zu machen, die sonst abstrakt bleiben!“. Gemeinsam mit dem Team der Aachener Universität planen wir die Software MyScore weiter zu optimieren. Natürlich ist auch ein naturgetreuer Avatar anhand mehrerer Körperfotos möglich. Ganz konkret möchte ich unseren Audimax der FH Bielefeld virtuell umsetzen. Das ist kostenlos, wir können ihn beliebig oft kopieren und die Frage wer darf wann ins Audimax bleibt dann nur noch eine Frage der Serverauslastung“, resümiert Ziebart mit einem Augenzwinkern. (th)