19.01.2021

Großstörung im Europäischen Verbundnetz auch in der FH Bielefeld messbar

Am 8. Januar gegen 14:05 Uhr kam es zu einer plötzlichen Störung des Europäischen Stromnetzes. 

Die Qualität des Stroms in den Netzen schwankt ständig. Die Frequenz liegt dabei nicht immer bei genau 50 Hertz. Je mehr die Frequenz von diesem Normwert abweicht, umso schlechter ist die Qualität. Und das kann dramatische Auswirkungen haben: Sind die Abweichungen zu groß, droht der Zusammenbruch der Stromversorgung – ein Blackout.

Am 8. Januar gegen 14:05 Uhr kam es zu einer plötzlichen Störung des Europäischen Stromnetzes. Die normale Frequenz von 50 Hertz (Hz) fiel dabei kurzfristig um rund 0,25 Hz. Damit war sie jenseits der alltäglichen Schwankungen von ca. 0,01 Hz und fiel unter Stufe 1 der fünf Maßnahmen zur Kompensation und dem Schutz vor Unterfrequenz, die zwischen 49,8 und 49 Hz greift.

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Diese Schwankung war auch in den Energietechnik-Laboren des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik der FH Bielefeld messbar. Was zuerst für einen Messfehler gehalten wurde, wurde später von Amprion auf Twitter und von der European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E) bestätigt. Amprion ist einer der vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, die für die überregionale Versorgung und Übertragung im Höchstspannungsbereich verantwortlich sind.

Zur Ursache dieser extremen Schwankung ist derweil noch nicht viel bekannt. So kann bislang nur bestätigt werden, dass es eine Aufspaltung des Verbundnetzes in einen Nord-West-Teil und einen Süd-Ost-Teil gegeben hat. Im Süd-Osten erhöhte sich die Frequenz kurzzeitig auf 50,6 Hz. Um die Frequenz wieder anzuheben, wurden in Italien und Frankreich Großverbraucher vom Netz getrennt, insgesamt wurden 1,7 GW abgeworfen (ca. die Leistung des finnischen Kernkraftwerks „Olkiluoto Block 3“). Zusätzlich konnten in Nordeuropa insgesamt 480 MW kurzfristig aktiviert werden (ungefähr die doppelte Reaktorleistung des Flugzeugträgers Enterprise), um die Frequenz um 14:09 Uhr wieder auf 50 Hz anzuheben.

Um 14:47 Uhr konnte die Situation wieder unter Kontrolle gebracht werden, sodass die abgeworfenen Lasten in Italien und Frankreich wieder zugeschaltet werden konnten. Um 15:08 Uhr war die Situation wieder soweit kontrollierbar, dass die Aufspaltung des Verbundnetzes wieder rückgängig gemacht werden konnte.

Die Ursachenforschung ist noch nicht abgeschlossen, doch es wird gemutmaßt, dass die Ursache in Rumänien liegen könnte. Dort kam es im Vorfeld schon zu Schwankungen in der Versorgungssicherheit.

Quelle: https://www.entsoe.eu/

Text: Paul Lohmann und Kirill Wulfert