Gemeinsam Kirchenbauten umnutzen - Partizipationsprozesse für Gemeinden am Beispiel des Bistums Osnabrück

Bachelorarbeit Friederike Rautenstrauch / 02.2016 – Studiengang Projektmanagement Bau – HSBI / FB 2

Seit den 1970er-Jahren ist ein Rückgang der Kirchenmitglieder und Gottesdienstbesucher zu erkennen. Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist der demografische Wandel. Viele Gemeinden sind nun zu klein für ihre Kirchen geworden, weshalb diese aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr tragbar sind: Kirchen werden deshalb verkauft oder abgerissen. Um dies zu vermeiden, bemühen sich bei der katholischen Kirche einige Bistümer, geeignete Umnutzungs- und Nutzungserweiterungskonzepte zu entwickeln. Dabei müssen Rahmenbedingungen wie gesetzliche Vorgaben oder theologische Einflüsse beachtet werden.

Das Bistum Osnabrück hat bis zum Jahr 2015 an elf Kirchen Umnutzungen und Nutzungserweiterungen umgesetzt. Trotz der hierarchischen Strukturen im Bistum wird hier häufig Partizipation eingesetzt, um Lösungen für die Kirchen zu entwickeln. Die Kirche St. Nikolaus in Bremen wurde zu einem Gemeindezentrum mit angrenzender Kita umgenutzt. Die Kirche war für die Gemeinde nicht mehr tragbar, da die Gottesdienstbesucher weniger wurden und die Bausubstanz sehr schlecht war. Um eine geeignete Umnutzung zu entwickeln, hat sich in der Gemeinde eine Projektgruppe gegründet, die gemeinsam mit Vertretern des Bistums Osnabrück Lösungskonzepte erarbeitet hat. Durch Gemeindeversammlungen und die Präsentation der Ergebnisse des Architektenwettbewerbes wurde die Gemeinde in Entscheidungsprozesse
mit einbezogen. Ähnlich wurde die Nutzungserweiterung der Kirche Hl. Familie in Osnabrück angegangen. Ihre bisherige Größe war durch rückläufige Gottesdienstbesucherzahlen und den Rückgang der Bevölkerung im Stadtteil nicht länger erforderlich. Auf Initiative des Bistums wurde die Einrichtung eines Kolumbariums in der Randzone verfolgt. Die konkrete Umsetzung wurde gemeinsam mit den gewählten Gremien der Gemeinde entwickelt. Auch hier wurden Gemeindeversammlungen und die Präsentation der Ergebnisse
des Architektenwettbewerbes durchgeführt. Ergänzt wurden diese Elemente durch Baubegehungen bei der Bauausführung. Ein drittes Beispiel ist die Neugestaltung der Kapelle in der Jugendbildungsstätte Haus Maria Frieden in Rulle. Gemeinsam mit den Nutzern, speziell den Jugendgruppen, wurden Workshops veranstaltet, um Aussagen über die gewünschte Atmosphäre zu erhalten und um die Handlungszusammenhänge der Räume zu erkennen. Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurden schließlich Entwürfe für die Neugestaltung entwickelt.

Auf Grundlage der Beispiele aus dem Bistum Osnabrück werden zwei Ansätze von Partizipation deutlich. Zum einen wird zu einem frühen Zeitpunkt durch Instrumente der Diskussion - wie Gemeindeversammlungen - versucht, einen Austausch mit der Gemeinde zu pflegen und so eine strategische Lösung für die Kirche zu finden. Zum anderen gibt es dann im Vorfeld der konkreten Entwurfsentwicklung eine beratende Herangehensweise, um auf Grundlage der Anforderungen der Nutzer die Gestaltung des Raumes zu ermöglichen.

Beide Herangehensweisen bieten sich für bauliche Maßnahmen an Kirchen an. Bei Umnutzungen
und Nutzungserweiterungen liegt der Fokus vor allem auf der gemeinsamen Entwicklung
eines strategischen Konzeptes, weshalb sich hier Instrumente anbieten, die dem
Austausch und der Diskussion als Dialogziel dienen.

Kontakt: friederike.rautenstrauch@gmail.com
Erstprüfer: Prof. Dr.-Ing. Ulrich Schramm
Zweitprüfer: Prof. Dr.-Ing. Andreas Uffelmann