11.12.2014

Beratung verbessern und internet-basierte Plattformen nutzen

Kontroverse Diskussionen auf dem 2. Investment-Forum der Bankenvereinigung Bielefeld und die FH Bielefeld.

Bielefeld (fhb). "Unser Finanzsystem braucht Banken mit neuartigem Banking, und wir müssen noch mehr Wert legen auf exzellente Beratung." Frank Brüggemann, Mitglied der Geschäftsleitung Nord-West Deutschland der Commerzbank AG und zudem Sprecher der Bankenvereinigung Bielefeld, verdeutlicht mit dieser Positionsbestimmung die Aufbruchstimmung in der Banken-Branche. Angesichts der wachsenden Konkurrenz durch Internetplattformen sehen sich die Privatbanken aufgefordert, über Innovationen und Kundennähe nachzudenken.         

Brüggemann sprach gestern auf dem 2. Investment-Forum, das unter dem provokanten Titel "Strukturwandel und Internet-Revolution in der Finanzwelt - Brauchen wir noch Banken?" mehr als 100 interessierte Studierende und Finanzexperten ins Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) führte. Das Forum ist ein gemeinsame Veranstaltung der Bankenvereinigung Bielefeld und des Fachbereichs Wirtschaft und Gesundheit der FH Bielefeld. Mit ihm soll einerseits den Gedankenaustausch zwischen den in der Bankenvereinigung Bielefeld zusammengeschlossenen Privatbanken und der FH Bielefeld gefördert werden, andererseits wird den Studierenden des Fachbereichs die Möglichkeit geben, sich über die Positionen der Privatbanken vor Ort zu informieren. Prof. Dr. Uwe Rössler, der Dekan des Fachbereichs Wirtschaft und Gesundheit: "Das Bielefelder Investment-Forum ist eine Konferenz zu aktuellen, praxisnahen wirtschaftspolitischen Themen rund um die Finanzwelt. Im Forum werden gemeinsam Perspektiven für neuere Entwicklungen und Probleme aus der Sicht von Wissenschaft und Praxis erarbeitet und mit den Referenten der Banken und der FH diskutiert. Neben dem Gedankenaustausch haben unsere Studierenden die Möglichkeit, sich über die Positionen der Privatbanken vor Ort sowie berufliche Aspekte zu informieren."

Frank Brüggemann hielt grundsätzlich fest: "Banken sind mit ihren geldpolitischen Funktionen der Bargeldversorgung, der Zahlungsverkehrsabwicklung und der Kreditversorgung der Realwirtschaft ein unverzichtbares Element unserer marktwirtschaftlichen Ordnung." Und er sieht, dank der "hohen Fachkompetenz", die Banken als zuverlässige Partner: "Wir sorgen dafür, dass der  Mittelständler für seine nach China verkaufte Ware auch tatsächlich das vereinbarte Geld bekommt."     

Und die Beratung in Zeiten der Nullverzinsung von Geldguthaben tut not. Die Bundesbürger horten weiterhin Milliarden-Eurobeträge auf ihren Girokonten und Sparbüchern. Nur 8 Prozent der Bundesbürger haben laut Brüggemann Aktien, in der Schweiz oder den USA sind es immerhin 24 Prozent der Gesamtbevölkerung.  Brüggemann: "Hier ist unser Sachverstand gefragt, wir können maßgeschneiderte, individuelle Versorgungspakete schnüren." Das hilft dem privaten Anleger, das unterstützt den Mittelständler.    

Prof. Dr. Rainer Lenz, internationaler Finanzexperte der FH, hielt seinerseits ein Plädoyer für eine grundlegende Neuordnung des Finanzsystems. Nach der Finanzkrise habe es eine Vielzahl von neuen Regulierungen des Bankensystems und der Finanzmärkte gegeben. Lenz: "Das System der Kontrolle und Überwachung der Banken und Finanzmärkte wird immer komplexer und teurer." Drohe den Banken die Insolvenz, würden sie entweder durch Kredite der Zentralbank subventioniert oder der Staat würde die Verluste mittels sogenannter Bad Bank-Lösungen und Beteiligungen auffangen. Er setzt sich ein für das so genannte peer-to-peer lending (P2P-Kredit) über eine internet-basierte Vermittlungsplattform mit "entscheidenden Vorteilen für die Akteure": sowohl Anleger als auch Kreditnehmer vereinbaren lediglich eine Vermittlungsgebühr, die weitaus niedriger ausfällt als die Bankmarge.

Weitere Referenten des 2. Investment-Forums waren Michael Größlich, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der in Bielefeld ansässigen Baugenossenschaft Freie Scholle eG, der über "genossenschaftliches Sparen als Instrument nachhaltiger Geschäftspolitik" sprach. "Zerstört die Bankenregulierung die Vielfalt im deutschen Markt?", hatte Denis Bagbasi, Prokurist im Bereich Unternehmensentwicklung des Bankhauses Lampe seinen Beitrag überschrieben. Und zum Thema "Nachhaltigkeit und Ethik" warf Klaus Naeve, Abteilungsdirektor Private Banking der Hamburger Berenberg Bank, die Frage auf, ob es "unschuldiges" Geld gibt. Dass sich "ein neues Banking für eine neue Zeit" in naher Zukunft etablieren wird, davon zeigt sich Dr. Jan-Peer Laabs, der Leiter Business Management der Deutschen Bank in Frankfurt, in seinem Beitrag zum Thema "Internet und Finanzwelt" überzeugt.

Die Bankenvereinigung Bielefeld wurde 2007 gegründet. Derzeit sind in der Interessengemeinschaft sieben Institute vertreten. Zusammen beschäftigen sie in OWL 1.998 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 93 Standorten.

Rund 3.300 Studierende sind am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit der FH Bielefeld in 15 Studiengängen eingeschrieben. Professor Rössler: "Dank eines umfangreichen Netzwerkes von Unternehmen sind Lehre und Forschung praxisorientiert und international ausgerichtet." Praktika und studienbegleitende Projekte machten das Studium spannend und würden optimal auf den Berufseinstieg vorbereiten, so der Dekan.