09.12.2011

„Das Buch spricht alle Sinne an“

Totgesagte leben länger. Die Bestätigung dafür lieferte gestern das Institut für Buchgestaltung mit der Tagung „Bücher machen“.

Bielefeld (fhb). „Bücher machen“ hieß die erste Tagung des Instituts für Buchgestaltung (IFB). 13 Gestalterinnen und Gestalter zeigten in ihren Vorträgen, dass das Buch trotz digitalem Zeitalter und aller Abgesänge noch ein langes Leben vor sich hat. Unter ihnen waren international bekannte Größen wie Judith Schalansky und Jost Hochuli.

Dass ein großes Interesse für Bücher vorhanden ist, wurde schnell deutlich. Knapp 300 Besucherinnen und Besucher drängten sich in den Audimax des Fachbereichs Gestaltung. Mit Spannung erwarteten sie den Vortrag von Grafiker-Ikone Jost Hochuli. Bücher des Schweizers wie beispielsweise „Das ABC eines Typografen“ gehören heute zu den Standardwerken der angehenden Gestalter. Gleich zu Beginn seiner Präsentation hatte Jost Hochuli die Sympathie des Publikums gewonnen. Ganz nach dem Motto „aus Fehlern lernt man“ zeigte er Fehltritte der Buchgestaltung auf. So stehen auf einer Buchseite nur zwei Sätze, da der Rest des Platzes mit Anmerkungen gefüllt ist. Ein Unding für Jost Hochuli, denn diese Gestaltung widerspricht seinem obersten Prinzip: der Lesbarkeit. „Für mich ist ein Buch keine Kunst. Es muss nicht schön sein. Es ist ein Gebrauchsgegenstand und sollte brauchbar sein. Für mich steht deshalb die Lesbarkeit im Vordergrund. Ich möchte Bücher machen, in denen man gern liest.“

Unter den Vortragenden war auch Jenna Gesse, die bis 2010 an der FH Bielefeld studierte und nun mit ihrer Diplomarbeit „Leerzeichen für Applaus“ erste Erfolge feiert. Das Buch beschreibt in kurzen Texten und Gedichten das Dasein eines Gestalters. Es spiegelt die Erfahrungen wider, die Jenna Gesse während ihres Studiums gemacht hat. „Ich pendelte immer zwischen Vollgas und Vollbremsung. Am Anfang hatte ich nur einen großen Papier- und Gedankenhaufen. Es hat mich viel Zeit und Energie gekostet, daraus ein Buch zu machen.“ Sie habe eine Art Besessenheit entwickelt. Die habe ihr geholfen, Rückschläge wie die Absage eines Verlages zu ignorieren und immer weiter zu machen.

Sara Hausmann und Achim Böhmer vom Dortmunder Designbüro „achta“ zeigten, dass sich Buchgestalter auch vom digitalen Zeitalter inspirieren lassen können. Für ihr Werk „Retrodesign stylelab“ entwickelten sie eine neue Art der Informationsvermittlung. Wie beim Hypertext-Prinzip im Internet können die Leserinnen und Leser ihren Weg durch das Buch selbst bestimmen. Die Texte müssen sie nicht in einer bestimmten linearen Reihenfolge lesen.

Dass E-Books und Co. für Buchgestalter mehr Segen als Fluch sind, glaubt auch Professor Dirk Fütterer, Leiter des IFB: „Der Druck wird größer und das hilft dabei, dieses alte Medium aufzupolieren. Durch den Vergleich zu den schnelllebigen neuen Medien lernen wir das Buch mehr schätzen.“

Vom Überleben des Buches ist auch Jost Hochuli überzeugt. Das gedruckte Buch ermögliche ein Leseerlebnis, das ein E-Book nicht bieten könne. „Das Buch spricht alle unsere Sinne an. Man kann darin blättern, es riecht, man kann das Papier fühlen, den Geräuschen beim Umblättern lauschen – Das ist alles wichtig. Unsere Aufgabe ist es, das Buch so zu gestalten, dass all diese Wahrnehmungen angenehm sind.“

Die Tagung des IFB soll neben der Modenschau und dem Fotografie-Symposium eine weitere feste Größe im Veranstaltungskalender des Fachbereichs Gestaltung werden. Dekan Professor Dr. Martin Deppner freute sich über die Entwicklung des IFB. „Wir haben jedes Semester sehr viele Publikationen. Es ist wichtig, dass diese Werke nicht nur wissenschaftlich auf höchstem Niveau sind, sondern auch gut aussehen.“ Die Buchgestaltung sieht er als wichtige Schnittstelle zwischen den Studienschwerpunkten Mode, Fotografie und Kommunikationsdesign. Um das IFB fest an der FH Bielefeld zu verankern, wird es derzeit zu einem In-Institut der Hochschule aufgebaut.