05.07.2013

„Abschlussarbeiten sind Experimente“

59 Studierende vom Fachbereich Gestaltung zeigen Abschlussarbeiten auf der „Werkschau“.

Bielefeld (fhb). "Was Sie sehen werden, ist staunenswert", sagt Dekan Professor Roman Bezjak über die studentischen Arbeiten zur traditionellen Werkschau an seinem Fachbereich. Das Thema in diesem Semester lautet "Prozess". So gibt es nicht nur schöne Bilder zu sehen, sondern eine große Bandbreite von Fotos, Illustrationen, Trickfilmen, Dioramen und Corporate Designs. Von Freitag bis Sonntag, 5. bis 7. Juli, zeigen 59 Studierende des Fachbereichs Gestaltung ihre Abschlussarbeiten aus den drei Studienrichtungen Fotografie und Medien, Grafik und Kommunikationsdesign sowie Mode. Darunter sind 10 Master- und 47 Bachelorarbeiten, und auch zwei letzte Diplomstudierende haben sich noch unter die Werkschau gemischt.

Fünf Studierende vom Fachbereich haben einen  reich bebilderten Katalog zu den Abschlussarbeiten zusammengestellt, der den Prozess zu jeder einzelnen Arbeit festhält und doch die Kernaussage wiedergibt. "Wir haben viel geplant und ausprobiert und schließlich hat die Umsetzung einigen Mut erfordert", berichtet Julian Klein vom Katalogteam. Über mehrere Wochen haben sie die unfertigen Skizzen für die Plakate immer wieder im Fachbereich aufgehängt und bekamen dazu gemischte Reaktionen von ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen. Bei den meisten stand die Frage im Raum: "Was soll das werden?" Aus den unterschiedlichen Ideen sind viele "Schnipsel" geworden, die zusammengesetzt eine fünfteilige Plakatserie für die Werkschau ergeben. Diese Schnipsel bilden außerdem nicht nur das fragmentarische Titelbild auf dem Katalog, sondern stehen gleichzeitig auch für die einzelnen Studierenden mit ihren Arbeiten.

Die Abschlussarbeiten: Von Fotoreihen zu Tatorten des legendären Jack the Ripper oder der Jugendkultur junger Männer in einem türkischen Friseursalon, über eine ganze Kunstgalerie, die bequem im Koffer transportiert werden kann, bis zu Mode, die sich auf Nachhaltigkeit und natürliche Strukturen stützt, ist alles dabei. "Die Abschlussarbeiten sind auch für uns Lehrende Experimente", sagt Bezjak. Ein künstlerisches Studium sei immer persönlichkeitsbildend, weshalb es wichtig sei, sich in den ersten Jahren viel auszuprobieren, aber auch Augen und Ohren für seine Umwelt zu haben. "Trotz des straffen Zeitplans im Bachelor- und Master ist es das Ziel, die Balance zwischen Anstrengung und Muße für die Kunst zu finden", erklärt Bezjak.

Muße hat unter anderem Michael Kohls für seine Bachelorarbeit mit dem Namen "Pamukkale I" gefunden. Über zwei Jahre hat er den "stadtbekanntesten Friseur Bielefelds Gürkan" (Katalogtext) besucht, um in seinem Salon die Jugendkultur junger Männer mit Migrationshintergrund zu dokumentieren. Ähnlich der Raumaufteilung im Friseursalon, zeigt er einen zweiteiligen Mikrokosmos: Auf der einen Seite heranwachsende Männer, die im Wartebereich zusammen mit den anderen ihre Stärke, Männlichkeit und Härte demonstrieren. Im hinteren Bereich, allein auf dem Friseurstuhl, sich dann aber zurückhaltend und schüchtern geben, als wären sie noch kleine Jungs.

Schüchtern und zurückhaltend gibt sich Erik Machens hingegen überhaupt nicht, denn er hat "sein" Thema zum Thema seiner Grafik-Bachelorarbeit gemacht: Inklusion. Er Arbeitet mit Wortspielen wie "Aktion Sorgenkrüppel", "Spastisch aus der Wäsche gucken" oder "Ein Herz für Krüppel". Da er selber Rollstuhlfahrer ist, möchte er mit provokanten und sarkastischen Sprüchen den Humor zurück in dieses Thema bringen. "Der behinderte Witz" heißt seine Plakatserie, mit der er den Umgang mit Behinderten in der Öffentlichkeit reflektiert. Zu mitleidig, ernsthaft und unsicher wird ihm das Thema angegangen: "Ich bin nach draußen gegangen und habe die Leute mit meinen Slogans konfrontiert. Die meisten haben aber einfach nur geguckt und keine Fragen gestellt", sagt Machens. Dass er für sein Designkonzept das bekannte Logo der "Aktion Mensch" benutzt hat, ist bei der sozialen Organisation allerdings nicht gut angekommen. Obwohl Erik Machens mit seiner Grafikarbeit das gleiche Ziel wie "Aktion Mensch" verfolgt, lehnt sie die Verwendung des gleichen Schriftzugs bei seinem Slogan "Aktion Sorgenkrüppel" massiv ab. Wie er diese Hürde umgehen will, um den gleichen Effekt zu erzielen, weiß er allerdings noch nicht.

Etwas ganz Praktisches und Handliches hat Masterabsolvent Tobias Kunkel entworfen. "A mobile Gallery Unit" ist eine kleine Kunstgalerie, die in jeden Koffer passt. Das kleinformatige Museum kann er eigentlich überall aufbauen und zusätzlich die Kunstwerke mit einem kleinen Beamer an die Wand projizieren. Genau so kann er alles wieder zusammenfalten und auf eine handliche Größe bringen. Sollten die Wände mal nicht gerade genug für die Ausstellungsstücke sein, kann er sie auch einfach als Skulptur aufbauen. "Ich bin damit quasi der erweitere Arm einer jeden Kunstausstellung", erklärt Kunkel.

Die Werkschau bietet also auch in diesem Semester eine abwechslungsreiche Ausstellung von buntgemischten Themen, Ansätzen und Umsetzungen.
Die Eröffnung findet heute, 5. Juli, um 18 Uhr im Fachbereich Gestaltung in der Lampingstraße 3 statt. Der Werkschaukatalog ist in der Ausstellung für fünf Euro erhältlich.

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"Werkschau"
Eröffnung: Freitag, 5. Juli, 18 Uhr, Lampingstraße 3.
Samstag, 6. Juli 2013
11 bis 18 Uhr
Sonntag, 7. Juli 2013
11 bis 17 Uhr

Eröffnungsparty: Freitag, 5. Juli 22 Uhr Party im Tanztreffpunkt Teubner-Schneider, Falkstraße 14.
Weitere Informationen: www.werkschau-bielefeld.de
www.facebook.com/WerkschauFhBielefeld