09.09.2015

„Die pädagogische Haltung ist entscheidend“

Beschäftigte und Gäste der FH Bielefeld diskutierten auf der zweiten E-Learning-Konferenz über Lernen und Lehren in der digitalen Welt.

Bielefeld (fhb). Am Dienstag, 8. September, hatten der Serviceverbund MIND und der Vizepräsident für Studium und Lehre, Professor Dr. Andreas Beaugrand, zur zweiten E-Learning-Konferenz an der Fachhochschule (FH) Bielefeld eingeladen. Organisiert wurde die Konferenz vom Learning-Services- Team der Hochschulbibliothek. 55 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Hochschule sowie externe Gäste waren ins Videostudio im Fachbereich Gestaltung gekommen, um über Lernen mit digitalen Medien, videobasierte Lehrkonzepte und E-Learning in Präsenz- und berufsbegleitenden Studiengängen zu diskutieren.

Professor Dr. Andreas Beaugrand betonte in seiner Begrüßung die veränderten Konstellationen für Bildung und Lernen angesichts der Digitalisierung des Alltags: "Bildung ist der ureigenste Kern der Hochschule. Aufgrund der Entwicklung der Informationsgesellschaft setzen wir uns heute mit dem Lernen in der digitalen Welt auseinander."

 

Die Präsidentin der FH, Professorin Dr. Ingeborg Schramm-Wölk, erklärte, dass sich der Gedanke des lebenslangen Lernens in der Gesellschaft etabliert habe. "Auch ich lerne seit meinem Amtsantritt vor 8 Tagen wieder", sagte Schramm-Wölk schmunzelnd. Dr. Karin Ilg, Leiterin der Hochschulbibliothek, unterstrich die Zielstellung, Raum zu schaffen für neue Impulse und die Vernetzung der E-Learning-Community an der FH Bielefeld. Durch den Tag führte der Moderator und Mediensoziologe Şenol Keser.

Im Eröffnungsvortrag veranschaulichte Professor Dr. Franz Josef Röll, bis 2014 Professor für Neue Medien und Medienpädagogik an der Hochschule Darmstadt, die Einflüsse digitaler Medien auf Lern- und Wahrnehmungsdispositionen. "Unser Denken und unsere Wahrnehmung werden von Medien beeinflusst", erklärte Röll. Lernen im digitalen Raum geschehe demnach wesentlich visueller und vernetzter als in der analogen Welt. "Bücher sind weiterhin und zukünftig wichtige Quellen, aber eben nicht die einzigen", sagte Röll. Im Bildungssystem werde dagegen nach wie vor sequentielles Lernen, also immer bis zur nächsten Klausur, erwartet und honoriert. Eine Anpassung an die Wahrnehmungswelt junger Menschen finde im Lehralltag dagegen kaum statt. Nachhaltiges Lehren und Lernen würde an die Motivation Studierender anknüpfen: "E-Learning ist per se keine Verbesserung des Lernens, sondern die pädagogische Haltung ist entscheidend", erklärte Röll.

Dr. Jörn Loviscach, Professor für Ingenieurmathematik und technische Informatik an der FH Bielefeld, gab Einblick in seine Versuche und Erfahrungen mit digitalen Lehrformaten wie Videos, Inverted Classroom, MOOCs und Quizzen. Seit fünfzehn Jahren stellt er Lernenden unterschiedlichste selbstproduzierte Online-Materialien zur Verfügung und setzt diese in seiner Lehre ein. Loviscach schilderte auch Hürden und Illusionen auf diesem Weg. Online-Lehre erfordere umfassende Vorbereitungen und löse viele Probleme und Fragen nicht: "Das Gucken der Videos heißt nicht, dass man etwas gelernt hat - man muss sich mit dem Inhalt auseinandersetzen", sagte Loviscach. Wichtig ist ihm dabei, dass - anders als oftmals in Medien und Politik geäußert - mit den Lernvideos nicht die Lehre ersetzt werden soll. "Es geht um die Entschlackung der Präsenzveranstaltungen, so dass man Zeit hat, das Wissen anzuwenden", erklärte Loviscach.

Beide Referenten vertieften die Themenstellungen ihrer Vorträge in Workshops am Nachmittag. Professor Dr. Franz Josef Röll ermutigte die Lehrenden, für Innovationen und eine Lehre außerhalb des bestehenden Systems die didaktischen Spielräume zu nutzen. So würden etwa Noten nur für das Bildungssystem und seine "Verwertungslogik" vergeben, nicht aber für die berufliche Praxis. Gerade für Fachhochschulen könnte der Transfer von der Theorie in die Praxis, vom Kopf in Herz und Hand eine Stärke sein.

Unter dem Titel "Video als weiteres Medium in der Lehre" ging Professor Dr. Jörn Loviscach in seinem Workshop auf die Aspekte Technik, Produktion und Didaktik von selbsterstellten Videos ein und gab wertvolle Praxistipps. Eine Perspektive für die Zukunft sind für ihn Studierendenvideos, zum Beispiel zum Abschluss eines Projekts.

In einer weiteren Workshoprunde konnten sich die Konferenzgäste zu weiteren Aspekten des E-Learning weiterbilden: Professor Dr. Hans Brandt-Pook vom Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit und Professor Dr. Hans-Georg Gülzow vom Fachbereich Campus Minden der FH Bielefeld stellten die Erfahrungsberichte von je drei Teilnehmenden in den Mittelpunkt ihrer Workshops. Die Themen reichten hier von Webinaren (Seminare, die über das Internet gehalten werden) zur Normenrecherche oder zu juristischen Fallbesprechungen über Online-Sprechstunden zur Klausurvorbereitung bis zu Kommunikationsanforderungen der Verbundstudiengänge an die Lernplattform ILIAS. Einen Schwerpunkt bildeten E-Learning-Ansätze für berufsbegleitende Studiengänge.

Das Erstellen von Vorlesungsunterlagen mit Pandoc und LaTeX war das Thema im Workshop von Professor Dr. Carsten Gips vom Fachbereich Campus Minden. Anhand konkreter Beispiele zeigte Gips, wie sich Präsentationen und Handouts in Ausgabeformaten erstellen lassen, die sich für mobile Endgeräte wie E-Book-Reader und Tablets besonders gut eignen.

Informationen zur Konferenz sind unter https://www.fh-bielefeld.de/elearningkonferenz/dokumentation/2015 zusammengestellt.

Text: Dr. Karin Ilg