26.03.2008

Wirtschaftsrecht: Von der FH Bielefeld zu den Olympischen Spielen in Peking 2008

Erfahrungsbericht von Dipl.-Wirtschaftsjurist Ayhan Meseli über die Zeit des Studiums bis zu den ersten zwei Berufsjahren.

Der Weg von der Fachhochschule (FH) Bielefeld zu den Olympischen Spielen in Peking war nicht einfach, doch er begann mit der richtigen Wahl: Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld zu studieren. Rückblickend waren die Studieninhalte, die Zusammensetzung der Lehrkräfte und die Rahmenbedingungen an der FH Bielefeld ideal, um den Weg bis zum Contract- und Claimmanager der Siemens AG zu gehen.

Entscheidung Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld
Bereits während der Informationsveranstaltung zum Studiengang Wirtschaftsrecht fielen die Argumente, die mich zu dem Entschluss brachten, Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld zu studieren. Die Entscheidung war daher keineswegs Zufall. Im Vorfeld hatte ich mir mehrere Universitäten und Fachhochschulen in anderen Städten angesehen. Ich habe Vorlesungen besucht und mich mit den Lehrplänen auseinandergesetzt. Allein der damals noch relativ neue Studiengang Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld bot die erforderliche Zusammensetzung von notwendigen Fächerkombinationen, um den Herausforderungen des späteren Arbeitslebens als "Unternehmensjurist" gerecht zu werden.

Der Studiengang war neu und durch die Initiative und den Bedarf in den Unternehmen ins Leben gerufen worden. Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld kombiniert die Fächer Wirtschaftswissenschaften mit juristischen Fächern, die insbesondere für Unternehmen von Bedeutung sind. Hierzu gehören meist zivilrechtliche Fächer wie Handels- und Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Vertragsrecht und Arbeitsrecht. Es lehren ausgesuchte Professorinnen und Professoren mit langjähriger Praxiserfahrung, in kleinen Gruppen wird ein intensives Studium gewährleistet. Die Aussicht ein hochinteressantes, anspruchsvolles und intensives Studium, das praxisbezogen und international ausgerichtet ist zu beginnen, war für mich letztendlich der ausschlaggebende Grund, mich für das Fach Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld zu entscheiden.

Das Grundstudium und Hauptstudium
Das Studium ist straff geplant und fordert den Studierenden bereits ab dem ersten Semester ein konsequentes studieren ab. In Kursen von 20 bis 50 Studenten wird intensiv gelehrt und gelernt. Bereits ab dem ersten Semester sind zahlreiche Klausuren angesetzt. Das erste Ziel ist ein gutes Vordiplom, denn das ist die Grundlage für den ersten Berufsstart, das Praktikum.

Während des Grundstudiums kristallisiert sich das Interesse für die Schwerpunktfächer des Hauptstudiums heraus. Nach vier Semestern gelingt eine gute Einschätzung über die eigenen Neigungen in den Rechtsgebieten und Fächern und somit die Entscheidung für die Wahl der Hauptfächer. Die Entscheidung für die Fächer im Hauptstudium sollte meines Erachtens nicht leichtfertig gefällt werden. Die Frage nach Generalist oder Spezialist, die Analyse der Arbeitsmarktsituation und spätere Berufschancen sowie die Chancen, ein Praktikum in diesem Bereich zu bekommen, sollten hier mit einfließen. Natürlich gibt es immer die Möglichkeit, sich Rat bei den Lehrenden und bei Kommilitoninnen/Kommilitonen einzuholen, was aus meiner Sicht immer genutzt werden sollte. Die Erfahrungen der Anderen bieten eine Entscheidungshilfe, von der man profitieren sollte.

Für mich endete das Grundstudium nach vier Semestern mit dem erfolgreichen Erreichen des Vordiploms. Meine Wahl fiel hier auf die Fächer Personalmanagement (juristisch) sowie Produktions- und Logistikmanagement (wirtschaftswissenschaftlich).

Das Praxissemester
Das Praxissemester ist im Wirtschaftsrechtstudium Pflicht. Manche sehen dieses als Last, ich habe es als Chance gesehen und diese genutzt. Das Ende des Studiums bereits in Sicht, kann durch Bewerbungen und den entsprechendem Rücklauf der eigene Marktwert ermittelt, die Bewerbung professionalisiert und ein routinierter Umgang in den doch so wichtigen Vorstellungsgesprächen geübt werden. Das Vorstellungsgespräch für ein Praktikum weist meistens keinen Unterschied zu einem Gespräch für einen richtigen Job auf. Auch hier gilt es, sich gegen hunderte von Mitbewerbern, Studenten und Absolventen durchzusetzen. Das Praktikum selbst sollte als Profilierungsmöglichkeit für einen späteren Einstieg in die Firma genutzt werden.

Meine Entscheidung fiel nach ca. 50 Bewerbungen und drei Vorstellungsgesprächen für ein Praktikum bei der Siemens AG in Erlangen. Die Siemens AG bot mir eine Chance in der Zentralabteilung im Bereich Personal. Der Anspruch war sehr hoch. Durch den hohen Grad an Internationalität bei der Siemens AG bot sich die Möglichkeit auf weitere Einsatzmöglichkeiten hinzuarbeiten. Mit Erfolg. Es folgten die Aufnahme in das Siemens interne Studentenförderprogramm TOPAZ, ein Auslandspraktikum und eine international ausgerichtete Diplomarbeit im Betrieb.

Ein zusätzliches Auslandspraktikum ist im Zeitplan des Studiums nicht vorgesehen. Es empfiehlt sich daher parallel zum Praktikum das Studium weiterzuführen, um während des Auslandspraktikums einen Zeitverlust zu vermeiden. Bei meiner Wahl für das Auslandspraktikum orientierte ich mich an der wirtschaftlichen Attraktivität des Landes, dem Anspruch der Tätigkeit und der sprachlichen und kulturellen Herausforderung. China stand damals wie heute als boomende Wirtschaft an erster Stelle. Auch sprachlich und kulturell war es eine Herausforderung. Ich entschied mich, ein von mir miterarbeitetes Konzept in China in die Praxis umzusetzen. Meine nächste Station war also Siemens Ltd. China in Shanghai.

Während meines Auslandspraktikums bestand parallel immer Kontakt zur FH Bielefeld. Die Lehrkräfte der FH Bielefeld begrüßten meine Entscheidung und unterstützen mich tatkräftig durch das Bereitstellen von Vorlesungsunterlagen. Das Auslandspraktikum forderte vollen Einsatz und trotzdem durften die Prüfungsvorbereitungen nicht zu kurz kommen. Ohne die persönliche Unterstützung vieler Professorinnen und Professoren wäre dieser "Spagat" sehr schwer geworden. Im Gegensatz zu Praktikanten aus vielen anderen Hochschulen wurden mir durch die FH Bielefeld nie Steine in den Weg gelegt.

Nach meiner Rückreise stand der letzte Meilenstein in der studentischen Laufbahn bevor. Die Diplomarbeit. Durch mein aufgebautes Netzwerk boten sich einige Stellen an. Ich entschied mich letztendlich für eine juristische Diplomarbeit im Bereich des Vertragsrechts. Die Auswahl meines Themas für die Diplomarbeit war auch dieses Mal kein Zufall. Um meine Berufschancen zu verbessern, entschied ich mich aus der "Personal Schiene" auszubrechen und meine Diplomarbeit in einem anderen Bereich zu schreiben. Meinen juristischen Schwerpunkt im Studium (Personalmanagement) habe ich betriebswirtschaftlich durch das Praktikum im Bereich Personal untermauert. Den zweiten Schwerpunkt im Studium (Produktions- und Logistikmanagement) wollte ich umgekehrt durch eine juristische Arbeit als zweites Standbein ausbauen. Eine Diplomarbeit bei Siemens Power Genreration über die Abnahme von Kraftwerken nach deutschem, schweizerischem und englischem Recht sowie der Vergleich zu den Verträgen der Siemens AG in diesem Bereich, hielt ich für das Richtige. Selbstverständlich erwartet man in einem international ausgerichteten Konzern mit Kraftwerken auf der ganzen Welt, eine Diplomarbeit in englischer Sprache. Dies bedeutete sechs Monate intensive Recherche und gleichzeitige Mitarbeit im Unternehmen in Frankfurt sowie das Verfassen einer englischsprachigen Diplomarbeit.

Das harte Studium, die anstrengende und herausfordernde Arbeit bei der Siemens AG zahlten sich mit Beginn der Diplomarbeit aus. In einer Zeit, in der Existenzängste die Uni- und FH-Absolventen plagten, hatte ich bereits bevor Studienabschluss mehrere Angebote. Regelstudienzeit, gute bis sehr gute Noten, Praxiserfahrung durch In- und Auslandspraktika und eine sehr gute, international ausgerichtete Diplomarbeit öffneten mir Tür und Tor in das Berufsleben. Ich entschied mich für eine Stelle als Inhouse Consultant im Contract- und Claimmanagement bei der Siemens AG.

Der Berufseinstieg
Die Tätigkeit des Contract- und Claimmanagers bietet alles, wofür wir als Wirtschaftsjuristen an der FH Bielefeld ausgebildet wurden. Eine Kombination aus kaufmännischen Tätigkeiten im internationalen Projektmangement und intensiver juristischer Tätigkeit im Anlagenbau.

Der Beruf teilt sich in zwei Bereiche auf. Zum einen das (präventive) Contract Management, das bestimmte Risiken zum Zeitpunkt der Vertragsgestaltung und in der Angebotsphase eines Projektes ausschließt und zum anderen in das Claimmanagement, das in der Regel in der Realisierungsphase eines Projektes eigne Ansprüche durchsetzt oder Fremdansprüche abwehrt.

Im Alltag bedeutet dies, Verträge mit Lieferanten, Konsortialpartner und Kunden zu vereinbaren und somit das juristische und tatsächliche Fundament für die spätere Realisierung von Projekten zu setzen. Das "Controlling" des vereinbarten (im weiteren Sinne) geschieht dann als Folgetätigkeit. Das spannende an der Aufgabe ist das ständige Dazulernen sowie das dynamische und zeitkritische Umfeld. Mit dieser Aufgabe bin ich nun in einem Schlüsselprojekt der Siemens AG bis zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking und trage meinen Teil zur Realisierung unseres Projektes, dem Bau von lokalen Hochgeschwindigkeitszügen des Typs Velaro China, bei.

Mein persönlicher Rat
Die Tatsache, dass ich heute in einem der größten und spannendsten Unternehmen der Welt tätig bin, verdanke ich nur bedingt dem Glück. Sicherlich spielt dies auch eine Rolle, aber die Summe an richtigen Entscheidungen auf Grundlage meiner Interessen, der Arbeitseifer und die soziale Kompetenz waren ausschlaggebend dafür, dass sich Chancen ergeben haben, die ich nutzte. Im Klartext bedeutet das, sich Chancen gezielt selbst zu erarbeiten und sie dann zu nutzen. Der Studiengang Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld bietet eine hervorragende Grundlage, um sich fachlich zu entwickeln sowie die eigenen Interessen zu erkennen. Weiterhin gibt es durch Sprachangebote, Praxis- und Auslandssemester die Möglichkeit, sich international zu orientieren, was bei den meisten Unternehmen augrund der Globalisierung ein Muss ist. Das fachlich Erlernte sollte nicht im "luftleeren Raum" geschehen, sondern durch praktische Aufgaben, durch Projekte oder Praktika untermauert werden. Die FH Bielefeld und die Unternehmen bieten dann noch zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten wie Stipendien und Förderprogramme. Die Fülle an Möglichkeiten ist vorhanden und sollte gezielt genutzt werden. Dies war zumindest mein Erfolgsrezept.

Dipl.-Wirtschaftsjurist Ayhan Meseli
(Contract- & Claimmanager, Siemens AG)