28.04.1999

Master of Science in CAE-Techinques

Die Fachhochschule (FH) Bielefeld präsentiert sich international: Studierende aus allen Teilen der Erde nutzen mittlerweile neben deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen das zunehmend globaler ausgerichtete Studienangebot im Fachbereich Mathematik undTechnik.

Nicht nur die durch den englischen Zusatz international verständliche Namenserweiterung signalisiert nach außen eine weltoffene Bildungsstätte. Praxisorientierte Studienangebote sorgen weit über die Landesgrenzen hinaus für Interesse. So wurde mit dem 1996 eingeführten "Master of Science" (MSc) in CAE Techniques (Computer-Aided Engineering) ein englischsprachiges Aufbaustudienangebot etabliert.
Das Aufbaustudium, das auf einer Kooperation mit der "De Monfort University in Leicester", Großbritannien, basiert, wurde Mitte der 90er Jahre aufgrund der zunehmenden Nachfrage in Industrie und Wirtschaft konzipiert. Sowohl kleine und mittelständische Unternehmen als auch große Konzerne nutzen in den Bereichen Konstruktion und Fertigung verstärkt moderne formationstechnologien und Datenverarbeitungshilfen. Dagegen fehlt es am Markt an Fachkräften mit fundierten Kenntnissen, die mit diesen Techniken umzugehen wissen. Das Studienangebot Master of Science in CAE Techniques soll Abhilfe schaffen: Mit Spezialkenntnissen in rechnergestützter Produktentwicklung und -optimierung qualifizieren sich die Absolventinnen und Absolventen für eine Beschäftigung in unterschiedlichsten Industrie- und Wirtschaftszweigen. Sie werden nach ihrem Abschluß in der Lage sein, moderne, computergestützte Methoden und Techniken einzusetzen und damit eine schnelle und gezielte Entwicklung und Prototypenherstellung hochwertiger Produkte ermöglichen.

Das MSc-Angebot ist als theoretisch-wissenschaftliche, entwicklungsorientierte Zusatzqualifikation gedacht. Es richtet sich an Hochschulabgängerinnen und -abgänger, die im Rahmen eines europäischen Aufbaustudiums ihre Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen und Auslandserfahrungen sammeln wollen. Voraussetzung ist ein Diplom aus den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, Mathematik, Physik oder einer anderen naturwissenschaftlichen Fachrichtung. Eine weitere Bedingung sind gute Englischkenntnisse, da sämtliche Veranstaltungen in englischer Sprache abgehalten werden. Kenntnisse in den Programmiersprachen C/C++ und Fortran sind beim Auswahlverfahren vorteilhaft. Das deutsch-englische Master-Studium wird nach der Devise "klein, aber fein" gehandelt: Die Anzahl der Studienplätze ist auf 15 pro Jahrgang begrenzt.

Die Studienzeit beträgt insgesamt ein Jahr. Die Studierenden sind sowohl an der FH Bielefeld als auch beim Kooperationspartner an der "De Monfort University" im englischen Leicester immatrikuliert. Zunächst absolvieren die Studierenden einen zweiwöchigen Vorkurs für Englisch und Management. Das eigentliche Studienangebot, bestehend aus drei Trimester, beginnt in Deutschland und wird im zweiten Trimester als Vorbereitung auf internationale Tätigkeitsfelder in England fortgesetzt. Die ersten beiden Studieneinheiten sind als Theorie-Trimester mit Projekt- und Übungsanteilen konzipiert, die überwiegend im Selbststudium erarbeitet werden. Die Lehrinhalte, neben mathematischen Grundlagen anwendungsorientiertes Programmieren und softwarebezogenes Ingenieurwissen, ermöglichen nach dem Abschluß den Zugang zu verschiedenen Arbeitsbereichen, beispielsweise bei Systemhäusern oder in Ingenieurbetrieben. Im dritten Trimester wird die "Master-Thesis", eine sechsmonatige Projektarbeit ähnlich einer Dissertation, angefertigt. Die Abschlußarbeit kann wahlweise an der FH Bielefeld, an der "De Monfort University" oder mit einem Unternehmen aus Industrie und Wirtschaft durchgeführt werden. Die Qualifikation ist nicht umsonst zu haben: Für die Studierenden fallen Gesamtkosten von rund 6500 Mark für die Studienphasen in Deutschland, die in Großbritannien üblichen Studiengebühren für das Auslandssemester (ca. 5000 Mark), die Kosten für den Vorkurs an (die Weidmüller Stiftung mit Sitz in Detmold ermöglicht Teilstipendien). Dafür ist der MSc-Abschluß in mehrfacher Hinsicht von Vorteil: Er ist nicht nur dem beruflichen Ein und Aufstieg förderlich, sondern soll zudem die Zulassung zu einer "kooperativen Promotion" an einer Universität erleichtern. Der erste "Master of Science"-Jahrgang startete zum Wintersemester 1996/97 mit fünf Studenten, die alle innerhalb von einem Jahr erfolgreich ihr Studium inklusive Master-Thesis abgeschlossen haben. Alle Absolventen haben sofort interessante und gut bezahlte Tätigkeiten in Unternehmen aufnehmen können oder haben Promotionsstellen an Universitäten erhalten.

Die Studierendengruppen sind international gemischt. Zu ihnen gehört auch eine Gruppe von sechs jungen Männern und einer Frau, altersmäßig zwischen Mitte 20 und Anfang 30. Sie haben ihre Heimat in Deutschland und in Bolivien, auf den Philippinen, im Sudan, in der Türkei und in Zimbabwe. Alle bauen auf ein praxisorientiertes Hochschulstudium auf, viele bringen bereits Berufserfahrungen mit. Über fundierte Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch verfügen ebenfalls alle. Alexander Boye, in Zimbabwe geborener deutscher Staatsbürger, hat in Wuppertal Maschinenbau studiert, sein Kommilitone Ronaldo Mercado aus Cochabamba in Bolivien ist ebenfalls diplomierter Maschinenbauingenieur. Irish Lisboa hat in der Hauptstadt der Philippinen, Manila, seinen "Bachelor of Science in Electrical Engineering" abgelegt, Omar Gadalla aus dem Sudan verfügt über einen "Bachelor of Science in Mechanical Engineering". Die Diplom-Ingenieure Adem Tekercibasi und Robert Kempin haben beide Elektrotechnik mit Schwerpunkt Informationsverarbeitung an der FH Bielefeld studiert. Einzige Frau in der Runde ist Michaela Wolf: Die 25-jährige Diplom-Ingenieurin der Chemietechnik hat ihr Studium in ihrer Heimatstadt Hannover absolviert. Der türkischstämmige Adem Tekercibasi, der hier geboren und aufgewachsen ist, stellt an sein "Master of Science"-Studium ganz unterschiedliche Ansprüche. In erster Linie will er sein Hochschulwissen erweitern und "besser englisch lernen". Der 25-jährige hat aber noch weitere Ambitionen: "So ein Hochschulabschluß ist interessant, eventuell auch, um die Grundlage für eine Promotion zu schaffen." Sein Kommilitone Robert Kempin hat das Aufbaustudium nach seiner Rückkehr aus Übersee in Angriff genommen. "Ich war fünf Monate privat in den USA, um mein Englisch aufzubessern, dort habe ich festgestellt, daß mein Fachhochschulabschluß völlig unbekannt ist, man würde da schnell als Techniker eingestuft werden", erklärt der gebürtige Bielefelder seine Motivation, "auch innerhalb Europas ist das FH-Diplom nicht viel bekannter." Mit dem "Master of Science" in der Tasche verspricht sich der 26-jährige bessere Chancen auf dem internationalen Arbeitsmarkt. "Ich möchte den Abschluß machen, um eventuell im Ausland, vielleicht auch in den USA, arbeiten zu können", so seine weitere Begründung, "auch der EG-Binnenmarkt steht Ingenieuren mit "Master"-Titel offener." Ebenso wichtig sind für ihn erweiterte Englischkenntnisse in spezifischen Bereichen und der Englandaufenthalt: "Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse sind bei späteren Bewerbungen sehr vorteilhaft." Im Ganzen verstehen Adem Tekercibasi, Robert Kempin und die anderen aus der Studierendengruppe den "Master of Science"-Titel als Aufwertung ihres bereits vorhandenen Hochschulabschlusses. "Für drei Trimester, das bedeutet ein Jahr, erhält man einen dem Universitätsdiplom gleichgestellten Abschluß", bringt Robert Kempindie Vorteile auf einen Punkt.

"Die flexiblen modularen CAE-Systeme der Zukunft werden in der Lage sein, sämtliche einzelnen Aspekte des Designs, der Analyse, der Simulation, der Fertigungsverfahren und des Tests auf einheitlicher Datenbasis zu erledigen. Der Informationsfluß zwischen den verschiedenen Verfahren wird mittels Schnittstellen über eine einheitliche Datenbank vom Rechner aus automatisch gesteuert", heißt es in der Beschreibung zu den Inhalten und der Zielsetzung des Studienangebotes, und weiter: "Etliche Probleme sind jedoch noch zu lösen, ehe eine vollständige Integration erreicht wird. Bei der Verknüpfung der Komponenten bestehen immer noch Schwierigkeiten. Die Techniken der künstlichen Intelligenz können hierbei hilfreich eingesetzt werden, um den Übergang zwischen den unterschiedlichen Datentypen und -strukturen zu schaffen, die für die verschiedenen Teilsysteme benötigt werden." Die in Bielefeld und England ausgebildeten "Master of Science" - ob aus Bolivien, Deutschland, von den Philippinen, aus dem Sudan, der Türkei oder Zimbabwe - werden als Spezialisten ihres Faches für zukunftsorientierte Problemlösungen im Bereich der Informationstechnologien sorgen.