05.10.2011

Mobilität im Studium

Mobilität im Studium ist für Ira Fuhr, Absolventin des Bachelorstudiengangs Angewandte Mathematik, eine Frage der Organisation und der Willenskraft.

Bielefeld (fhb). Ein Ziel des Bologna-Prozesses ist die Förderung von Mobilität im Studium. Durch die Einführung der international vergleichbaren Bachelor- und Masterabschlüsse soll ein Studienortwechsel erleichtert werden. Dass sich diese Vorstellung in der Praxis schwerer umsetzen lässt als gedacht, belegte vor drei Jahren die Studie »Innerdeutsche Mobilität im Studium« des Hochschul-Informations-Systems (HIS). Demnach gab es unter anderem Probleme bei der Anerkennung von Leistungsnachweisen. Doch wie sieht es heute aus? Lassen sich Auslandsaufenthalte, Praxissemester und Unternehmenskooperationen problemlos ins Studium integrieren? Alles eine Frage der Organisation und der Willenskraft, meint Ira Fuhr, die im Sommersemester 2011 ihr Bachelorstudium der Angewandten Mathematik an der Fachhochschule (FH) Bielefeld abgeschlossen hat. 

Die 25-Jährige weiß, wovon sie spricht, denn sie absolvierte während ihres Studiums ein Auslandssemester in Australien, eine internationale Sommerschule in Kostroma (Russland) und zwei Praktika. Zudem arbeitete sie für ihre Bachelorarbeit zum Thema Risikomanagement mit einer Bank zusammen.

Im Bachelorstudiengang Angewandte Mathematik ist ein Semester für Praktikum oder Auslandsaufenthalt vorgesehen. Ira Fuhr wollte beides, entschied sich aber zunächst für ein Praktikum bei einer studentischen Unternehmensberatung. „Ich habe dort ein Projekt übernommen, das sehr spannend war. Als Beraterin habe ich zusammen mit einem Team im Auftrag eines mittelständischen Unternehmens ein Software-Tool zur Optimierung des Investitionscontrollings konzipiert und umgesetzt“, erzählt Ira Fuhr. Da ihr die Arbeit Spaß machte, verlängerte sie das Praktikum. Dadurch verpasste sie jedoch die ersten Wochen des neuen Semesters. Erschwerend hinzu kam, dass die Studentin mitten in den Vorbereitungen für ihr Auslandssemester in Australien steckte. „Das war echt eine stressige Zeit“, gibt Ira Fuhr zu. Doch damals biss sie die Zähne zusammen, holte den Lernstoff zu Hause nach und bereitete sich eigenständig auf die Prüfungen vor. Nach der Abschlussklausur ging es dann direkt mit dem Flieger nach Australien.

In der stressigen Planungsphase ihres Auslandsaufenthaltes unterstützten Ira Fuhr das Akademische Auslandsamt der FH Bielefeld und die Auslandsbeauftragte des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik, Professorin Dr. Claudia Cottin. „Ich habe beispielsweise erfahren, dass ich ein spezielles Bafög für Austauschstudenten beantragen kann. Mit Professorin Cottin habe ich besprochen, welche Kurse ich in Australien belege. So wusste ich schon im Vorfeld, welche Leistungen ich mir für mein Studium anrechnen lassen kann.“ Auch Organisationen wie College Contact, die bei der Kontaktaufnahme mit der ausländischen Universität helfen, seien eine große Unterstützung. „Es gehört viel Selbstorganisation dazu. Man sollte sich schon am Anfang des Studiums überlegen, ob man ins Ausland gehen möchte und in welchem Semester sich solch ein Aufenthalt anbietet“, rät Ira Fuhr.

Abschrecken lassen sollten sich Studierende vom organisatorischen Aufwand für Auslands- und Praxisphasen nicht. „Die Mühe lohnt sich, denn es sind einzigartige Erfahrungen, die einen fachlich und persönlich weiterbringen“, sagt Ira Fuhr. So habe sie im Praxissemester gemerkt, dass sie den Schwerpunkt ihres Studiums auf den
wirtschaftsmathematischen Bereich legen möchte. Das Studium in Australien nutzte sie, um
in diesem Bereich einige Vertiefungsfächer zu belegen, die das vorherige Studium an der FH
Bielefeld im Hinblick auf ihre Interessen optimal ergänzten. Außerdem hat sie ihr Englisch verbessert. „Das hat mir im weiteren Verlauf meines Studiums sehr geholfen, denn ein großer Teil der Literatur, die ich für meine Bachelorarbeit verwendet habe, war englischsprachig. Außerdem möchte ich später in einem internationalen Unternehmen tätig sein und da sind Englischkenntnisse unerlässlich.“

Vorteilhaft sei auch die persönliche Entwicklung. So habe sie gelernt, alleine in einem fremden Land zurechtzukommen und offen auf Leute zuzugehen. „In Australien waren wir eine internationale Gruppe, da entwickelt man automatisch interkulturelle Kompetenzen.“ Auch diese zwischenmenschlichen Erfahrungen seien in internationalen Unternehmen gefragt.

Doch auf ihrem Erfahrungsschatz ruht sich Ira Fuhr nicht aus. Kaum zurück in Deutschland beginnt sie ein Praktikum beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG. Praxisorientierung steht auch bei ihrer Bachelorarbeit zum Thema „Varianten der Regressionsanalyse als Grundlage für makroökonomisch fundierte Kreditrisiko-Stresstests“ im Vordergrund. „Das Thema Risikomanagement ist aktuell und sehr interessant für Banken. Ich habe deshalb schnell einen Kooperationspartner gefunden“, sagt Ira Fuhr. Die Zusammenarbeit mit der Bank sei sehr gut gewesen. Ira Fuhr durfte jederzeit vor Ort recherchieren und hatte einen Betreuer, der für Gespräche bereit stand und sie mit Literatur-Tipps versorgte.

Bei der einen Auslandserfahrung will es Ira Fuhr nicht belassen. Die letzten Wochen ihres Studiums nutzt sie für einen Aufenthalt im russischen Kostroma. Dank eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes absolviert sie an der dortigen Universität eine dreiwöchige Sommerschule zur Wirtschaft Russlands.

Im Oktober startet Ira Fuhr ihr Masterstudium an der Universität zu Köln und auch dort meldet sich schon wieder das Fernweh zu Wort. Wunschziel dieses Mal: die USA. „Vielleicht lässt sich ein Auslandsaufenthalt mit der Masterarbeit verbinden. Eins steht auf jeden Fall fest: Mit etwas Organisation und Zielstrebigkeit wird’s schon klappen.“