03.07.2014

Kursbuch, Bohemiens und neue Internetpräsenz

Zum Fußballspiel eröffnet die Werkschau des Fachbereichs Gestaltung / Visitenkarte mit 55 Bachelor- und 10 Masterarbeiten.

Bielefeld (fhb). Pünktlich zur zweiten "Werkschau 2014" ist der dazugehörige Ausstellungskatalog erschienen. Dokumentiert jeweils auf einer Doppelseite sind die 55 Bachelor- und 10 Masterarbeiten, die im laufenden Sommersemester abgeschlossen wurden. Am kommenden Samstag und Sonntag, 5. und 6. Juli, werden sie ganztägig gezeigt. Ergebnisse aus allen drei Studienrichtungen, die am Fachbereich Gestaltung der FH Bielefeld angeboten werden: Grafik und Kommunikationsdesign, Fotografie und Medien, Mode.

"Zwischen Ende und Anfang: Analog und Digital", so lautet das Motto, das das für die Katalogkonzeption verantwortliche Studierendenteam auf einer der letzten Seiten festhält. 400 Kataloge wurden gedruckt, 400 Unikate sind es geworden, denn jedes einzelne Titelblatt erhielt von den Teammitgliedern eine individuelle, sozusagen analoge Punkt-Prägung. Studentin Charlotte Wellige: "Wir haben nach einem Gestaltungselement gesucht, das alle drei Studienrichtungen verbindet. Es ist der Kreis in Form eines Punktes." Der Punkt auf dem Titel bedeute, dass etwas endet, in diesem Fall das Studium. Beim aufgeklappten Buch ergänzen sich die beiden Punkte auf der Vorder- und der gedruckten, digitalen Rückseite zu einem Doppelpunkt. Und der wiederum symbolisiere, so Wellige, dass es weitergehen, dass jetzt etwas folgen wird.

Fachbereichs-De

kan Professor Roman Bezjak hat Punkt und Doppelpunkt im Vorwort des Katalogs so aufgenommen: "Die Absolventen kommen hier mit ihren Arbeiten auf den Punkt. Den Punkt der Konzentration, in dem sich jedwedes Talent und alle Anstrengung versammeln." Die Studierenden hätten mit ihrer Werkschau eine "Punktlandung" hingelegt. Bezjak: "Instruktive Ideen, schlüssige Konzepte, ästhetische Setzung, theoretische Durchdringung, handwerkliche Produktion, facettenreiche Präsentation und schließlich die argumentative Begründung im Kolloquium. Dies sind die Stationen, die unsere Absolventinnen und Absolventen mit ihrer Abschlussarbeit und den letzten Wochen und Monaten durchlaufen haben. Dazu kommt Begeisterung im Wechsel mit Frust."

Der Doppelpunkt hat nach Bezjak ankündigenden Charakter "und trifft die Situation der Absolventinnen und Absolventen weitaus genauer: Hier kommt mehr und hier kommt Neuland!"

Gestalt-Professor Uwe Göbel, der den Studierenden bei der Katalogerstellung beratend zur Seite stand, erkennt in den aktuellen Arbeiten einen Trend: "Die Studienrichtungen fließen zusammen, Cross-Media ist angesagt, das Verharren in einer Nische ist out." Eine Entwicklung, die etwa in den Niederlanden schon vor Jahr und Tag Einzug gehalten hat. Hier bestehe noch Nachholbedarf, so der für Grafik-Design, Konzeption und Entwurf zuständige Hochschullehrer.

Spannende Bücher und Präsentation sind entstanden, mit außergewöhnlichen Themen und ebenso illustriert. So legt Nicole Steffen mit ihrer Masterarbeit das "Kursbuch Design - Grundlagen der Gestaltung" vor, ein Werk, das, so Professor Göbel, den Anspruch erheben darf, ein Nachschlagewerk für all diejenigen zu werden, die direkt von der Schule kommen und gar nicht ahnen, was von ihnen erwartet wird und wohin die Gestaltungsreise gehen könnte.

Oder Fotograf Leon Reindl, den es für seine Bachelor-Arbeit zwei Monate nach Neuseeland verschlug, auf Spurensuche nach einem seltenen, flugunfähigen Vogel, der vom Aussterben bedroht ist und an dessen schicksalhaftem Untergang der Mensch durch sein Zutun in einem vermeintlich intakten Ökosystem am Ende der Welt ganz wesentlich beteiligt ist.  

Professor Axel Grünewald empfiehlt den Besuchern der Werkschau, einen Blick auf die Porträt-Aufnahmen von Jan Maschinski zu werfen. Seine Bachelor-Arbeit trägt den Titel "Look Mum, no Hands". Bei ihm wird "die äußere Darstellung von inneren Zuständen zum Leitmotiv", heißt es im Katalog. Und weiter: "Dabei ist die wirkliche, echte Geschichte des Einzelnen irrelevant, denn nicht das fleischliche Abbild, sondern die verdeckten Empfindungen, die immateriellen Eigenheiten werden zur fiktionalen Geschichte und Gegenstand der Bilder."   

Anna Wachsmuth hat junge Israelis beobachtet, die sich von den Konflikten abwenden, die das Land, in dem sie sozialisiert wurden, beherrscht. Und die sich einer anderen, der westlichen Welt zuwenden wollen. Wachsmuth: "Im Prozess dieser Abwendung und Neukonstruktion entstehen symbolische und abstrakte Abbilder von Individuen, die sich vor eine entrückte und sich auflösende Umgebung schieben." 

Ailin Neshat entwarf das Corporate Design für eine fiktive Kosmetik-Marke. Sie will damit einen kleinen Beitrag leisten, um Korrekturen vorzunehmen. Sie selber hat persische Wurzeln, ist in Deutschland aufgewachsen "und ich erlebe es täglich, wie viele Menschen Vorurteile gegen den Orient haben". Mit ihrem Gestaltungsobjekt will sie den Orient "mit seinen Düften und exotischen Anblicken den Menschen wieder näher bringen". Ziel sei ein kultureller Dialog auf visueller Ebene.

Junggebliebene

Individualisten hat Claudia Jestremski fotografiert. "Ikonen der Alternativszene" nennt sie ihre "Bohemiens", und sie kann mit viel Prominenz aufwarten. Unter anderen Rainer Langhans, den sie in München besuchte und der sich die nötige Zeit nahm, der jungen Fotografin Einblicke in sein Privatleben zu gewähren.

Grafik-Professor Dirk Fütterer hat die neue Internetpräsenz des Fachbereichs Gestaltung betreut, ein gemeinsamer Entwurf von Sebastian Buse und Sina Johannwiemann. Die Seiten sollen sich "dem Zeitgeist anpassen und die Präsenz gestalterisch, strukturell und technisch verbessern ohne dabei die Individualität, die unser Fachbereich bietet, zu maskieren", heißt es im Katalog. Dekan Bezjak unterstützt das Projekt: "Wir müssen als Teil des gemeinsamen Hochschulauftritts unsere eigene, gestalterische Visitenkarte abgeben."    

Wie bunt, unterschiedlich und doch aufeinander bezogen die aktuelle Visitenkarte des Fachbereichs Gestaltung aussieht, verdeutlicht die Werkschau 2014. Und der selbstbewusste Fachbereich wagt es sogar, diese Karte gegen die große Fußball-Konkurrenz aus Brasilien auszuspielen und pünktlich zum Anpfiff des Viertelfinalspiels Deutschland gegen Frankreich morgen um 18 Uhr zur Werkschau-Eröffnung an die Lampingstraße einzuladen. Roman Bezjak: "Das Spiel übertragen wir live. Egal wie es ausgeht, wir haben auf jeden Fall Grund, ausgiebig zu feiern."

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Werkschau-Eröffnung
Freitag, 04.07.2014, 18 Uhr

Werkschau-Öffnungszeiten:                                                           Samstag, 05.07.2014, 11 bis 18 Uhr
Sonntag, 06.07.2014, 11 bis 17 Uhr