14.05.2014

Porzellan trifft Foto-Kunst

Studierende realisieren das neue Magazin „Perspective“ für die Rosenthal-Manufaktur.

Bielefeld (fhb). Der Name Rosenthal steht für anspruchsvolle Tischkultur. Aber das 130 Jahre alte Unternehmen, mit Sitz in Selb im Fichtelgebirge, setzt nicht nur auf feinste Prozellanfertigung, sondern auch auf zeitgemäßes Design. Für die Kollektion "Studio-Line" haben fünf Studierende vom Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld mit Rosenthal zusammengearbeitet. Unter dem Thema "Fotokunst trifft Studio-Line" haben sie die aktuelle Produktlinie fotografisch interpretiert. Dabei herausgekommen ist ein Magazin, das mehr Kunst als bloßer Verkaufskatalog ist.

Für die "Studio-Line" sucht Rosenthal stets außergewöhnliches Design von jungen Künstlern. Die neue Kollektion in einen Dialog mit künstlerischer Fotografie zu setzen, ist allerdings eine Premiere für das Unternehmen. Der Kontakt zur FH Bielefeld kam über einen Absolventen von Emanuel Raab, Professor für Fotografie und Bildmedien, der auch für die Produktfotos zuständig war. "Rosenthal steht für moderne Gestaltung und deshalb habe ich die Einladung, eine fotografische Interpretation zu entwickeln, als künstlerische Herausforderung und wegweisende Zusammenarbeit gerne angenommen", sagt Emanuel Raab, der das Projekt betreut. Aus den Reihen seiner Studierenden wählte er Renke Brandt, Anton Herbst, Fabian Lehmann, Robert Lüdtke und Sarah Pedde aus, die das Projekt angehen sollten.

Es ging nicht darum, die einzelnen Produkte einfach abzubilden, sondern bestimmte Begriffe zu den einzelnen Kollektionen künstlerisch im Bild festzuhalten. Zur Auswahl standen Oberbegriffe wie "Das Spiel der Formen", "Ikone der modernen Architektur", "Dynamische Entwicklung", "Die Ruhe in der Berührung" oder "Ästhetischer Materialmix". Jeder Studierender bekam zwei Themen zugewiesen, zu denen er innerhalb von wenigen Wochen seine Arbeiten anfertigen musste.

So hat sich etwa Renke Brandt mit dem Thema "Liebe, Poesie, Blumen" auseinandergesetzt, passend zu einer Vasen-Kollektion, auf der in unterschiedlichen Sprachen immer wieder das Wort "Liebe" auftaucht. "Ich hatte zuerst etwas Sorge, wie ich das Thema angehen soll, ohne dass es ins Kitschige abdriftet. Aber dann ist das Bild eher nebenbei entstanden und man sieht, dass es auch ohne ein küssendes Liebespaar geht", sagt der Masterstudent im vierten Semester. Er hat die roten Sitze eines Kinosaals fotografiert, die im schummerigen Halbdunkel verschwinden. "Ein Kino ist irgendwie auch immer ein Ort der Sehnsucht. Hier werden Hoffnungen, Wünsche und Leidenschaften auf die Leinwand gebracht und gleichermaßen beim Publikum entfacht", sagt er. Ein anderes Bild für diese Vasen-Kollektion zeigt eine stachelig wirkende Pflanze, zwischen der aber auch kleine grüne Blätter hervorschauen. "Das Bild umfasst alle drei Begriffe: Liebe, Poesie und Blumen. Liebe und Poesie drücken sich im Aussehen der blumigen Pflanze aus: Sie wirkt elektrisch aufgeladen, wie unter Strom - und scheint Funken zu sprühen", erklärt Brandt sein Werk im Katalogtext.

Mit dem Thema "Dynamische Entwicklung" hat sich Student Anton Herbst auseinandergesetzt. Er studiert seit 2012 an der FH Bielefeld und ist im 4. Bachelorsemester. Zwischen der Geschirr-Linie "Format Transealed" und seiner Fotografie herrscht auf den ersten Blick die größte Ähnlichkeit. Sowohl Geschirr-Designer als auch Fotograf arbeiten mit kleinen Farbpunkten, aus denen Strukturen und Formen entstehen. "Ich habe das Bild einer Skulptur auf einem Monitor abfotografiert. Allerdings so stark vergrößert, dass die einzelnen Pixelpunkte sichtbar werden und das ganze Bild nur aus roten, grünen und blauen Strichen entsteht", sagt Anton Herbst. Trotzdem ist die Figur eindeutig als solche zu erkennen. "Ich wollte sowohl einen Kontrast herstellen als auch das Gestern und Heute miteinander verbinden. Bildhauerische Perfektion trifft auf die Welt des digitalen Bildes", so der Student.

Insgesamt 13 Bilder der fünf Studierenden zeigt der Katalog, mit dessen Ergebnis nicht nur Professor Raab zufrieden ist. "Die Verantwortlichen bei Rosenthal waren sehr positiv überrascht, obwohl sie eigentlich andere Bilder erwartet hatten", sagt er. Aber gerade weil die Arbeiten sehr konzeptionell und künstlerisch sind, seien die Verantwortlichen sehr angetan gewesen, weil sie für Rosenthal etwas Neues und Innovatives mitbringen. "Es war toll, dass wir so frei arbeiten durften, obwohl es eine Auftragsarbeit war. Das kommt nicht oft vor", sagt Renke Brandt.

Auch wenn die Fotografien keinen direkten Bezug auf die Kollektionen nehmen sollten, passen die Bilder und das Porzellan-Design überaus gut zusammen. 25.000 Stück sind von dem zweisprachigen Katalog in Druck gegangen, der bis Ende des Jahres zu haben ist. "Rosenthal hat immer schon den Kontakt zu den jungen Kreativen gesucht und für unsere Hochschule ist das Ergebnis ein würdiger Auftritt", so Professor Raab.