15.07.2016

Das Architekturstudium fest vor Augen

Geflüchteter Mohamed Fadi Khaman erarbeitet sich Perspektiven in Deutschland, die FH Bielefeld hilft ihm.

Bielefeld (fhb). Aus Syriens Hauptstadt Damaskus ist er nach Deutschland gekommen. Geflüchtet vor dem Krieg in seiner Heimat, wo er sich nicht mehr zu Hause fühlte, wo er für sich absehbar keine Perspektiven sah. Mohamed Fadi Khamam kam im September vergangenen Jahres nach Deutschland. Alleine. Die Sprache kannte er nicht, die Mentalität der Einheimischen auch nicht. Nur eines war im klar: hier will ich den Neustart beginnen, hier will ich studieren, hier habe ich, hoffentlich, eine Zukunft.

Über München und Siegen gelangte der 20-Jährige nach Kirchlengern, in eine überschaubare Kleinstadt im Kreis Herford, wo das Leben etwas ruhiger pulsiert als in Westfalens Großstädten. „Ab zehn Uhr abends ist keiner mehr auf der Straße“, musste Khamam erstaunt feststellen. Dennoch lernte er, neben vermeintlich deutscher Tugenden wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, auch „viele nette Leute kennen“. Unter anderen Dagmar Nold, die in Kirchlengern das „Sprachcafé“ und damit Integration betreibt und für viele Geflüchtete die erste Ansprechperson ist. Sie hat ihn an die Universität Bielefeld vermittelt und von dort aus wurde er, weil man sich gemeinsam um studierwillige Geflüchtete kümmert, an die Fachhochschule weiterverwiesen. Hier konnte er sich, der bislang noch keine Aufenthaltsgenehmigung hat und dessen Asylantrag noch bearbeitet wird, als Gasthörer einschreiben. Sandra Schoeß vom Akademischen Auslandsamt der FH: „Er kann bei uns an Vorlesungen in Minden und am Integrationskurs teilnehmen, seine Sprachkenntnisse verbessern und sich so letztlich seine Hochschulzugangsberechtigung erarbeiten.“

Architektur will er studieren, das steht fest. Und die Vorbereitung sehen seit Anfang Mai so aus: Sechs Uhr in der Frühe aufstehen, dann mit dem Bus über Herford nach Minden. Vormittags während der Vorlesungszeit Hörer auf den FH-Campus: Vorlesungen in Fachenglisch, Baustoffkunde und Design. Nachmittags Teilnahme am Integrationskurs in der Inlingua Sprachschule in Herford, ein verpflichtender Kurs, der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert wird und noch bis zum 9. September läuft. Mit dem Sprachniveau B 1 möchte er abschließen, und es fällt ihm nicht besonders schwer, mit der deutschen Sprache klarzukommen, wenn man davon ausgeht, dass er vor einem Jahr noch kein Wort verstanden hat und schon jetzt an Gespräch und Diskussion teilnimmt, auch wenn man hier und da noch ins Englische wechselt, um sich zu vergewissern.

Die Gasthörergebühr von 100 Euro hat die Fördergesellschaft der FH Bielefeld übernommen, das Akademische Auslandsamt die Fahrtkosten. Und er profitiert zudem von der quasi „ehrenamtlichen“ Tätigkeit der Mitarbeiterinnen des Akademischen Auslandsamtes, die ihm und anderen Geflüchteten stets mit Rat und Tat zur Seite stehen. So dürfen die Geflüchteten zum Beispiel an allen Veranstaltungen des Akademischen Auslandsamtes für die Incomer und die internationalen Studierenden teilnehmen. Sandra Schoeß: „Und natürlich beraten wir alle interessierten Flüchtlinge über ihre Möglichkeiten, an unserer Hochschule zu studieren.“  

Die Stadt Münster und die dortige Universität sind schon jetzt sein erklärtes Ziel. Städtebaulich und, wie er von Freunden gehört hat, auch in Sachen Architekturstudium sei das eine gute Adresse. „Ich will keine Zeit verlieren und zum Sommersemester in Münster anfangen“, plant er optimistisch. „Das Leben muss weitergehen“, hat er sich vor einem Jahr fest vorgenommen. Es scheint so, dass Mohamed Fadi Khamam angekommen ist, um seinen Weg zunächst in Deutschland zu gehen. Mit Durchhaltevermögen. Mit Unterstützung – auch aus den Hochschulen. Und natürlich bleibt ihm eines im Herzen: die Heimat, die er ungern verlassen hat, und die Hoffnung, dass der Frieden irgendwann dort wieder einkehren möge.