11.03.2016

„Ich würde auf Hillary Clinton wetten“

Christoph von Marschall, USA-Korrespondent des „Tagesspiegels“, war zu Gast an der FH Bielefeld.

Bielefeld (fhb). „Was ist mit den Amis los?“ – Diese Frage, die derzeit wohl einige Europäer beschäftigt, die den amerikanischen Präsidentschaftsvorwahlkampf verfolgen, versucht Christoph von Marschall in seinem aktuellen Buch unter gleichem Titel zu beantworten. „Über unser zwiespältiges Verhältnis zu den USA“, steht es kleingedruckt auf dem Buchtitel, und es geht dem Autor darum zu erklären, wie sie jenseits des Atlantiks „ticken und so anders sind als wir“.

Der USA-Korrespondent des Berliner „Tagesspiegels“ war für das Symposium „…durch die Lupe betrachtet: 2016 – USA“ zu Gast in Ostwestfalen und stattete auch der Präsidentin der Fachhochschule (FH) Bielefeld, Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk, einen Besuch ab, inklusive Übergabe seines neuen Buches, selbstverständlich mit handsignierter Widmung.  Das Symposium im Museum MARTa in Herford wird vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik der FH Bielefeld gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband Herford e.V. und der Hypo Vereinsbank veranstaltet.

„Donald Trump ist ein Phänomen für sich, ein Mann ohne Überzeugungen, ein Berlusconi-Typ“, sagt von Marschall im Gespräch mit der FH-Präsidentin und Prof. Dr. Lothar Budde, Dekan des Fachbereiches Ingenieurwissenschaften und Mathematik. Viele, die sich mit dem amerikanischen Präsidentschaftswahlkamp beschäftigen, hätten nicht gedacht, dass Trump so weit kommt. Nun geht von Marschall aber davon aus, dass Trump, trotz innerparteilicher Querelen, die seinen momentanen Siegeszug begleiten, der Kandidat der Republikaner für den Wahlkampf im Herbst wird. Bei der Wahl sieht er Trump aber nicht vorne: „Müsste ich wetten, würde ich auf Hillary Clinton setzen.“ Obwohl auch sie gewiss nicht die ideale Kandidatin sei. „Sie gilt als berechnend und verschlossen“, gibt von Marschall die von ihm wahrgenommene Stimmung in den Vereinigten Staaten von Amerika wieder.

Allgemein beschreibt der Korrespondent das Wahljahr 2016 als „Jahr der Irritation“, im Unterschied zu 2008, als Obama das Rennen machte und die Medien vom „Wahljahr der Faszination“ sprachen. Vor allem der populistische und polternde Trump irritiert, ein Kandidat, der aus der Wirtschaft kommt und somit der erste Präsident wäre, der zuvor weder ein politisches Amt noch eine militärische Laufbahn vorweisen könne. „In der Politik gelten andere Regeln als in einem Unternehmen, das wird er noch merken“, prognostiziert von Marschall. Er ist sich gar nicht sicher, ob Trump selbst damit gerechnet hat, so weit zu kommen. „Man sieht keine richtige Strategie hinter seinem Handeln, er stolpert einfach so durch den Wahlkampf.“ Die ungewöhnliche Grundstimmung in den USA mache derzeit alles unvorhersehbar, damit aber auch sehr interessant, so Christoph von Marschall.

Und was ist los mit den Amis? Zumindest gibt es einen gravierenden Unterschied zum deutschen Normalbürger: Sie wollen, so von Marschall, unabhängig sein vom Staat. Und können sich vorstellen, dass der Chef eines erfolgreichen Großunternehmens durchaus Präsident der Vereinigten Staaten werden kann. Der BMW-Chef als Bundeskanzler? Wohl kaum vorstellbar für die meisten von uns, gibt der Tagesspiegel-Korrespondent seinen Zuhörern schmunzelnd und nachdenklich mit auf den Weg.