28.10.2016

Versorgung chronisch Erkrankter muss verbessert werden

Tagung des FH- und Universitäts-Forschungsverbundes „Nutzerorientierte Versorgung bei chronischer Krankheit und Pflegebedürftigkeit“

Bielefeld (fhb). „Die Menschen stehen bei Ihnen im Mittelpunkt und ganz konkret geht es um die Selbstbestimmung der Patienten, die an chronischen Erkrankungen leiden und denen geholfen werden muss“, sagte Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk, die Präsidentin der Fachhochschule Bielefeld.

 

Prof. Dr. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, sprach von einer „vorbildlichen Zusammenarbeit mit bundesweiter Ausstrahlung“, einer „kontinuierlichen, auf großem Vertrauen beruhenden Kooperation“. Beide begrüßten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung „Nutzerorientierte Versorgung bei chronischer Krankheit und Pflegebedürftigkeit (NuV)“, die am 28. Oktober in der FH Bielefeld stattfand. Und beide würdigten damit die Leistung des Forschungsverbunds NuV, der gemeinsam von den Hochschulen unterhalten wird: hier die Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, dort das Institut für Bildungs- und Versorgungsforschung im Gesundheitsbereich der Fachhochschule Bielefeld.

Anfang 2013 startete diese vom NRW-Wissenschaftsministerium mit 1,5 Millionen Euro unterstützte Forschungskooperation, die der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dient. Im Rahmen von kooperativen Promotionsvorhaben können hier auch FH-Absolventinnen ihren Doktortitel erlangen.

 

Die Pflege- und Gesundheitswissenschaften haben an den beiden Hochschulen sowohl Tradition als auch Reputation. Prof. Dr. Beate Rennen-Allhoff, die ehemalige Präsidentin der FH Bielefeld, erinnerte an die Anfänge: 1996 wurde an der FH der Fachbereich Pflege und Gesundheit eingerichtet, mit der Uni wurde ein gemeinsames Institut für Pflege gegründet. Wissenschaftliche Publikationen folgten. Die Verbundenheit der beiden Hochschulen sei mittlerweile zu einer "strategischen Partnerschaft" (Rennen-Allhoff) ausgewachsen. Forschungs-Prorektor Prof. Dr. Martin Egelhaaf von der Uni hatte anlässlich der NuV-Gründung festgehalten: „Das NuV-Graduiertenkolleg ist eine zukunftsweisende Kooperation und in seiner Bedeutung kaum zu unterschätzen".

Der Forschungsverbund konzentriert sich auf zwei Themenschwerpunkte: regional differenzierte Versorgungskonzepte sowie die Förderung der Gesundheitskompetenz und des Selbstmanagements bei chronischer Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Fünf Projektthemen gibt es zu diesen Schwerpunkten, jeweils betreut von wissenschaftlichen Tandem-Teams aus Uni und FH. Professorin Dr. Annette Nauerth, NuV-Sprecherin der FH: "Hier haben sich zwei ganz unterschiedliche akademische Kulturen getroffen. Beide haben voneinander gelernt."

Prof. Dr. Doris Schaeffer, NuV-Sprecherin der Universität, machte auf die nach wie vor in Deutschland unzureichende Versorgung der chronisch Erkrankten aufmerksam: Es fehle zum einen am akademisch geschulten Personal im Pflegebereich, zum anderen sei die „Gesundheitskompetenz“, also das Wissen darum, wie ich mit meiner chronischen Erkrankung umzugehen habe, nur unzureichend ausgebildet. 73 Prozent der Erkrankten, belegen neue Studien, haben hier ein deutliches Informationsdefizit. Das habe sogar, so Schaeffer, die Expertinnen überrascht, die bislang von einem verantwortungsbewussteren Umgang mit der Erkrankung ausgegangen sind.

Zukunftsfähige Versorgungskonzepte, die dem Bedarf und den Bedürfnissen chronisch erkrankter und pflegebedürftiger Menschen in verschiedenen Lebensphasen gerecht werden, gelten weiterhin als dringend erforderlich. Wobei die Verschiebung des Alters- und Morbiditätsspektrums das Gesundheitssystem vor neue, zentrale Herausforderungen stelle, so die NuV-Verantwortlichen. Im NuV wird an solchen Konzepten im Rahmen von Promotionen gearbeitet. Nauerth: „Ab dem kommenden Jahr werden wir sehen, was die Ergebnisse für die Praxis bedeuten."

„Deutschland steht europaweit an letzter Stelle, wenn es um die akademische Qualifizierung des Nachwuchses im Pflege- und Gesundheitsbereich geht“, fasste Schaeffer zusammen und forderte ein Umdenken. Erkrankte sollten intensiver betreut werden. Und dazu gehöre auch, dass sich die Nutzer – also die Patienten – als „aktiver Teil des Versorgungsprozesses verstehen“. Schaeffer: „Die Debatte muss verstärkt in Deutschland geführt werden und Gehör finden.“