28.01.2015

Eigene Bilder, die nicht von der Branche diktiert werden

FH-Studentin Jenny Bewer setzt sich in Paris gegen internationale Fotografen durch und gewinnt Bourse du Talent-Preis.

Bielefeld (fhb). Mit der Fotografiereihe "The Third" hat Jenny Bewer den Bourse du Talent-Preis in der Kategorie Modefotografie gewonnen. Sie studiert im Master Gestaltung in der Studienrichtung Fotografie und Medien an der Fachhochschule (FH) Bielefeld. Mit ihrer künstlerischen Umsetzung und der theoretischen Auseinandersetzung mit der Diskrepanz zwischen Mensch, Alter und Kleidung konnte sich die 24-Jährige gegen elf weitere Finalisten durchsetzen und die Jury aus Fotografen, Redakteuren und Kunstsammlern überzeugen. Die Bilder zeigen die Abschlusskollektion der Masterabsolventin und Modedesignerin Daniela Macuh, die gleichfalls an der FH Bielefeld studiert hat.

Betreut wurde Bewers Arbeit von den Professoren Dr. Martin Deppner, Kai Dünhölter und Emanuel Raab. Bourse du Talent ist ein Fotografie-Förderpreis des französischen Online-Magazins photographie.com. Der nicht dotierte Preis wird jährlich in den vier Kategorien Reportage, Porträt, Landschaft/Architektur und Mo­defotografie verliehen. Der Gewinn ist eine Ausstellung in der Bibliothèque Nationale de France von Mitte Dezember 2014 bis Februar 2015, in der die Bilder der Sieger und Zweitplatzierten präsentiert werden.

Die Redaktion der FH-Pressestelle hat nachgefragt.

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Wie kam es dazu, dass Sie sich für den Bourse du Talent beworben haben?

Bewer: Ich habe im Internet nach Wettbewerben gesucht, die speziell für Modefotografie ausgeschrieben waren und junge Fotografen aus diesem Bereich fördern.

Da es in Deutschland relativ wenig Ausschreibungen auf diesem Gebiet gibt, habe ich vor allem nach Wett­bewerben in England und Frankreich gesucht. In diesen Ländern hat Modefotografie einfach einen anderen Stellenwert als bei uns. Gerade in Frankreich ist man auch gegenüber experimenteller Modefotografie sehr aufgeschlossen. So bin ich auf den Bourse du Talent Wettbewerb gestoßen.

War die offizielle Preisverleihung mit viel Aufregung verbunden?

Bewer: Eine offizielle Preisverleihung in diesem Sinne gab es eigentlich nicht.

Man rief mich an um mir mitzuteilen, dass ich unter den letzten zwölf Finalisten war und lud mich zur Bekannt­gabe des Gewinners nach Paris ein. Dort trafen wir Finalisten uns mit der Jury in einer Galerie, in der unter anderem auch Werke von Peter Lindbergh und Ellen Von Unwerth ausgestellt werden. Das war natürlich sehr beeindruckend.

Viel aufregender war jedoch die Ausstellungseröffnung im Dezember in der französischen Nationalbiblio­thek. Seine eigene Arbeit vor einem großen Publikum und der Presse zu präsentieren ist schon eine Heraus­forderung und eine unglaublich wichtige Erfahrung für die Zukunft.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Modestudentin Daniela Macuh entstanden?

Bewer: Daniela kam auf mich zu und fragte mich, ob ich Lust hätte, ihre Abschlusskollektion zu fotografieren. Sie kannte meine bisherigen Modefotografien, und sie gefielen ihr.

Daraufhin trafen wir uns, und ich sah mir die bis dahin entstandenen Skizzen an und las mir das Konzept durch. Diese Treffen vorher finde ich sehr wichtig, da man als Fotograf nicht alle Kollektionen fotografieren kann, um die eigene künstlerische Arbeit nicht zu vernachlässigen und um zu sehen, ob man gestalterisch und persönlich zusammenpasst.

Danielas Konzept für ihre Arbeit Der Dritte gefiel mir sehr gut und wir verstanden uns auf Anhieb. Es war eine tolle Zusammenarbeit.

Wie realisieren Sie Ihre Projekte, wie entsteht eine Fotoreihe, wie viel Zeit investieren Sie?

Bewer: Wenn ich eine Idee habe, dann setzte ich mich zuallererst mit den theoretischen Aspekten des von mir gewählten Themas auseinander. Da meine Fotografien ja vor allem Inszenierungen sind, muss ich mir gut überlegen, wie ich ein Thema inszeniere und inwieweit die Inszenierung mir hilft, den Inhalt meiner Bilder zu unterstützen. Im Klartext heißt das: Ich lese viel.

Danach fange ich an, Skizzen anzufertigen. Da ich für meine eigene künstlerische Arbeit oft Räume baue, konzipiere ich diese schon vorher am Computer, damit ich ungefähr weiß, welche Ausmaße nachher auf mich zukommen. Dann beginnt der Realisierungsprozess. Bis das erste Bild entsteht, können schon mehrere Monate vergehen, da man ja auch noch andere Projekte hat, denen man sich widmet. Doch dieser Prozess ist wichtig, die eigene Arbeit wird dadurch besser.

Wenn ich Mode fotografiere, ist es meist einfacher, da ja schon ein Grundkonzept besteht, an dem sich die Bilder nachher orientieren. Natürlich überlege ich mir auch hier sehr gut, was ich wie inszeniere, damit es zum Thema der Kollektion passt. Jedoch ist man ja auch zu zweit im Planungsprozess, was das ganze um einiges einfacher macht.

Warum haben Sie sich für ein Studium an der FH Bielefeld entschieden, was macht den Fachbereich aus, was spricht für oder gegen Bielefeld?

Bewer: Ich entschied mich damals dafür, in Bielefeld zu studieren, da mich das Angebot des Studiengangs Foto­grafie mehr überzeugte als bei anderen Hochschulen. Vor allem die Kombination von Praxis und Theorie halte ich für überaus wichtig, da die theoretische Reflexion, die wir in den Seminaren erarbeiten, so behan­delt wird, dass sie auf die künstlerische Arbeit anwendbar ist. Denn nur durch die Auseinandersetzung mit inhaltlichen Fragen zum eigenen Thema, zu Prozessen der Zeit und der medialen Wahrnehmung wird die eigene Arbeit ausdrucksstärker.

Zudem kommt noch die Zusammenarbeit mit den Studenten aus dem Grafik- und Modebereich, die einem eine andere Sicht auf die Dinge liefert. Diese Komponenten halte ich für die größten Stärken unseres Fach­bereichs: er ist interdisziplinär.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Bewer: Ich würde nach meinem Masterabschluss gerne ins Ausland gehen und dort erst mal assistieren. Später will ich mich dann selbstständig machen. Ich denke, das wichtigste ist, der eigenen Arbeit treu zu bleiben und sich nicht von der Branche die eigenen Bilder diktieren zu lassen. Wenn mir das gelingt und ich damit mein Geld verdiene, bin ich zufrieden.