21.12.2022

Auf der Suche nach den Professor*innen der Zukunft: Wie im Projekt Career@BI der FH Bielefeld Talente ausfindig gemacht werden

Dr. Annika Müller spricht zum Publikum
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld
Prof. Dr. Anna Lena Rademaker spricht zum Publikum
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld
Professor*innen im Gesrpäch auf der Veranstaltung
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld
Professorin des Fachbereichs Wirtschaft auf der Veranstaltung
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld
Prof. Dr. Thorsten Jungeblut spricht auf der Veranstaltung
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld
Prof. Dr. Rena Amelung auf der Veranstaltung
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld
Mittels Kameras wird die Veranstaltung aufgezeichnet und auf Monitoren projeziert
Welche Attraktivitätsfaktoren existieren, die Menschen von der Berufsperspektive HAW-Professur überzeugen können? Die Frage war Gegenstand einer Veranstaltung in der FH Bielefeld. © P. Pollmeier/FH Bielefeld

Lehrpersonal ist in manchen akademischen Bereichen äußerst rar. Dabei fehlt vielen potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten nicht viel, um Professorin oder Professor an einer HAW zu werden. Das Projekt Career@BI der FH Bielefeld sucht gezielt Postdocs und Leute aus der Wirtschaft, die sich weiterbilden lassen wollen, um mit einer HAW-Professur durchzustarten.

Um Professorin oder Professor an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) werden zu können, braucht man keine Habilitation. „Dafür muss man einiges andere mitbringen“, sagt Prof. Michaela Hoke, Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Fachhochschule Bielefeld sowie Leiterin des Projekts „Career@BI“. „Mindestens drei Jahre qualifizierte praktische Berufserfahrung außerhalb der Hochschule. Man muss profiliert in der Forschung sein und pädagogisch geeignet, also idealerweise schon einmal Lehrerfahrung gesammelt haben.“

Postdocs kommen in die Praxis, Wirtschaftsprofis lernen lehren

Das klingt nach vielen Anforderungen. Und tatsächlich passen die allermeisten Lebensläufe nicht dazu. Kein Wunder also, dass der Fachkräftemangel in Deutschland auch den „Beruf“ des HAW-Professors und der HAW-Professorin betrifft. „Genau dafür haben wir Career@BI ins Leben gerufen“, sagt Hoke. „Damit wollen wir geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden und ihnen helfen, die fehlenden Bausteine innerhalb von drei Jahren nachzuqualifizieren.“ Wer etwa als Postdoc länger geforscht, aber zu wenig Berufspraxis gesammelt hat, dem besorgt die FH Bielefeld einen passenden Partner in der Wirtschaft („Tandemstelle“). Umgekehrt bekommen Aspirantinnen und Aspiranten aus Unternehmen die Möglichkeit, Defizite in Forschung und Lehre nachzuholen – unter Umständen in einer Teilzeitdozentur neben ihrem bisherigen Job.

Profs berichten über das Gute an ihrer Arbeit. © Oliver Held

 „Career@BI – Center for Cooperation and Career Management“ wird bis 2027 mit 9,3 Millionen Euro vom Bund-Länder-Programm „FH Personal“ gefördert. Rechnerisch können damit 48 Hochschuldozenturen geschaffen werden, deren Inhaberinnen und Inhaber am Ende ihrer Ausbildung in der Lage sind, sich auf eine HAW-Professur zu bewerben. Wie aber finden diese Professorinnen und Professoren der Zukunft ihren Weg nach Bielefeld?

Engpässe in den Bereichen Gesundheit, Ingenieurwissenschaften und Informatik

Prof. Michaela Hoke spricht zum Publikum
Prof. Dr. Michaela Hoke, Vizepräsidentin für Studium und Lehre, leitet das Projekt Career@BI.

„Zum Glück haben wir in der Vergangenheit schon einige Erfahrung auf diesem Gebiet sammeln können“, so Michaela Hoke, die selbst Professorin im Fachbereich Wirtschaft ist. „Seit 2016 sind wir Teil des NRW-Landesprogramms ,Karrierewege FH-Professur‘, mit dessen Hilfe wir bereits elf Kolleginnen und Kollegen entsprechend weiterbilden konnten.“ Eine von ihnen ist Prof. Anna Lena Rademaker, die an der FH Bielefeld seit August 2020 das Lehrgebiet Soziale Arbeit im Gesundheitswesen betreut.

„Gesundheit gehört bei uns zu den Engpassbereichen“, sagt Prof. Natalie Bartholomäus, Vizepräsidentin für Nachhaltigkeit und strategisches Human Resource Management (HRM) an der FH Bielefeld sowie Mitglied im Steering Committee von Career@BI. „Außerdem haben wir in den vergangenen Jahren eine herausfordernde Berufungssituation bei den Ingenieurswissenschaften und der Informatik feststellen müssen. Career@BI ermöglicht es uns nun, neuartige Konzepte zur nachhaltigen Professionalisierung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu erproben.“

Michaela Hoke ergänzt: „Das gilt auch für den Bereich Hebammenwissenschaften, den wir gerade neu aufbauen. Es gibt ja so gut wie keine promovierten Hebammen. Und in der Privatwirtschaft haben die so gute Chancen, dass es schwerfällt, sie an eine Hochschule zu locken.“

Active Sourcing lautet der neue Ansatz bei der Personalsuche

„Ein moderner Ansatz, den wir verfolgen, ist Active Sourcing. Wir wollen die Leute direkt ansprechen.“

Michaela Hoke, Vizepräsidentin für Studium und Lehre

Neue Recruitingmethoden sind gefragt, um die Herausforderungen erfolgreich zu meistern. „Es ist eben nicht mehr so, dass man eine Anzeige schaltet und dann wartet, was passiert“, sagt Hoke. „Ein moderner Ansatz, den wir verfolgen, ist Active Sourcing. Wir wollen die Leute direkt ansprechen.“ Dabei soll im Rahmen eines Pilotversuchs nun auch eine externe Agentur helfen, indem diese Daten von geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zusammenstellt.

Ein weiteres wichtiges Instrument für die Personalsuche ist der Netzwerkgedanke. „Unser Center for Cooperation and Career Management hat eine Geschäftsführerin, zwei Referentinnen und Schwerpunktprofessorinnen und -professoren, die die Kandidaten auswählen und betreuen“, erklärt Michaela Hoke. „Aber eigentlich funktionieren wir als Netzwerk, in das jeder seine Kontakte einbringt.“

Eine HAW-Professur ist attraktiver als viele denken

Dr. Annika Müller spricht auf der Veranstaltung
„Bedarf an gebündelten Informationen zum Karriereweg HAW-Professur ist groß“: Dr. Annika Müller.

Auf diese Weise wurde auch die Info zur ersten Großveranstaltung von Career@BI gestreut, die am 19. September stattfand und zu der sich rund 100 Teilnehmende einfanden. „Die Veranstaltung war ein voller Erfolg“, sagt Dr. Annika Müller, Geschäftsführerin von Career@BI. „Die Gespräche haben gezeigt, dass definitiv ein Bedarf nach gebündelten Informationen zu diesem Karriereweg herrscht und dass viele potenzielle Bewerberinnen und Bewerber lediglich den letzten Impuls benötigen, um sich zu bewerben.“ Und tatsächlich sind nach der Veranstaltung bereits mehrere Bewerbungen eingegangen.

Was ist eigentlich der spezielle Reiz einer Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW)? Am besten weiß das Prof. Sascha Armutat, Schwerpunktprofessor bei Career@BI mit dem Fokus „Attraktive HAW-Professur“. „Es ist das Zusammenspiel von inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten, Chancen des selbstorganisierten Arbeitens und vielfältigen Betätigungsfelder im Zusammenspiel von Theorie und Praxis, was die Arbeit als Professorin oder Professor an HAWs besonders macht“, sagt er.

Wenn sich Wirtschaftsprofis die Sinnfrage stellen, könnte eine Professur die Antwort sein

Es ist oft genau das, was Menschen vermissen, wenn sie aus der Wirtschaft kommen. „Selbst wenn sie dort eine gehobene Position innehatten und sehr erfolgreich waren“, sagt Michaela Hoke, die aus Erfahrung spricht. „Denn gerade das geht häufig mit einer starken Beschneidung der persönlichen Freiheit einher. Vielleicht gesellt sich Zeitdruck hinzu. Und bei dem einen oder der anderen stellt sich außerdem die Sinnfrage.“ Da könne es sehr befriedigend sein, als HAW-Professorin oder HAW-Professor fachliche Interessen vertieft weiterzuverfolgen. Oder einfach nur mit jungen Leuten zu arbeiten, ihnen Wissen zu vermitteln und Karrieremöglichkeiten aufzuzeigen. „Daran sollte man dann allerdings Spaß haben“, betont Hoke.

Denn pädagogisches Talent muss man mitbringen, wenn man Karriere als Professorin oder Professor machen will. „Die meisten Anwärter hatten schon einmal einen Lehrauftrag“, berichtet Michaela Hoke. „Oder sie waren in Unternehmen stark engagiert und haben Workshops gegeben und viel präsentiert. Die letztliche Eignung prüfen wir dann im Rahmen einer Probelehrveranstaltung ab. Ist eine neue Professorin oder ein neuer Professor gefunden, ist hochschuldidaktische Weiterbildung für alle ein wichtiger Baustein ihrer weiteren Entwicklung.“

Projekte mit Partnern aus der Wirtschaft zu machen – das ist mit der FH Bielefeld leicht

Professor*innen platzieren sich mit Stühlen im Foyer der FH Bielefeld
Beruf und Berufung zugleich: Filmszene aus dem Video.

Und warum sollte man, wenn es einen zu Lehre und Forschung zieht, auf jeden Fall über Bielefeld nachdenken? Michaela Hoke: „Die Region OWL ist geprägt von einer sehr erfolgreichen unternehmerischen Landschaft mit vielen bekannten Markennamen und Hidden Champions. Forschungsprojekte mit Praxispartnern lassen sich hier sehr gut aufziehen.“ Selbst Professorinnen oder Professoren, die nur in der Lehre tätig sind, würden merken, dass es leicht ist, gemeinsame Projekte zu initiieren.

Von der Unternehmensberaterin zur Hochschulmanagerin

Die FH Bielefeld selbst hat Michaela Hoke schon gleich am Anfang überzeugt, als sie sich 2013 von der Hochschule Magdeburg-Stendal aus auf die freie Stelle in Bielefeld beworben hatte. „Die FH bestach durch ihr fachliches Auswahlverfahren und ihre Willkommenskultur“, erinnert sie sich. Das gute Gefühl bestätigte sich mit der Zeit: „Man kann hier etwas zusammen auf die Beine stellen, die Leute sind interessiert, innovativ und kooperativ.“ Der gelernten Bankkauffrau war der Anwendungsbezug von akademischem Wissen auf die Praxis schon immer sehr wichtig. „Und was ich in meinen vielen Jahren als Unternehmensberaterin gelernt habe, kann ich nun auf das Hochschulmanagement übertragen – nur habe ich hier viel größere Freiheiten.“

Den freien Geist von Bielefeld und die gute Stimmung an der FH transportiert auch ein Imagefilm, in dem mehrere Professorinnen und Professoren aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen in eindrucksvoller Weise berichten, warum ihre Profession sie erfüllt und sie diesen Karriereschritt überaus empfehlenswert finden. „Mit Kurzversionen dieses ungewöhnlichen Videos wollen wir auch Social Media füttern“, sagt Michaela Hoke. So kann also auch Youtube Lust machen auf eine HAW-Professur. (poe)

Weiterführende Links

Career@BI 

Für weiteres Bildmaterial können Sie sich gerne an presse@fh-bielefeld.de wenden.