11.10.2017

Bildung für eine digitalisierte Lebens- und Arbeitswelt

E-Learning-Konferenz 2017 mit Fokus digitale Fachlehre an Hochschulen – von Kompetenzentwicklung bis zu agilen Projekttools und Gamification.

Bielefeld (fhb). Selbstfahrende Züge und Autos, automatisierte Fertigung in der digitalen Fabrik, immer mehr Heterogenität der Bildungsvoraussetzungen an immer größeren Universitäten – Digitalisierungsprozesse schaffen neue Voraussetzungen für Studium und Lehre an den Hochschulen. Welche Strategien und Konzepte können angesichts dieser Entwicklungen nötig, möglich, angemessen und hilfreich sein?

Unter dem Titel „Digitale Fachlehre an Hochschulen“ bot die E-Learning-Konferenz 2017 an der Fachhochschule (FH) Bielefeld gestern Gelegenheit, die aktuelle Diskussion in den Blick zu nehmen und nach vorne zu schauen. Veranstalter waren die FH Bielefeld, die Geschäftsstelle E-Learning NRW und das Hochschulforum Digitalisierung. Gut 130 Teilnehmende waren der Einladung gefolgt.

Eröffnet wurde die Konferenz von der Präsidentin der FH Bielefeld, Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk. Dr. Karin Ilg, Leiterin der Hochschulbibliothek und Teil des Leitungsteams des Serviceverbunds MIND aus Hochschulbibliothek und zentraler IT der FH, begrüßte besonders die zahlreichen Teilnehmenden von anderen Hochschulen aus NRW und darüber hinaus. „Wir freuen uns sehr, dass die Zusammenarbeit mit dem Hochschulforum Digitalisierung und der Geschäftsstelle E-Learning NRW nach dem erfolgreichen Auftakt im letzten Jahr fortgesetzt und ausgebaut wurde“, so Ilg.

Seit 2008 unterstützt die Geschäftsstelle E-Learning NRW am Learning Lab der Universität Duisburg-Essen die Kompetenzentwicklung für digitales Lehren und Lernen an den Hochschulen in NRW und baute mit den Jahren ein Netzwerk auf, das unterschiedlichste Akteure miteinander in Austausch bringt. „Gerade in Fachdisziplinen macht es Sinn, sich über die eigene Hochschule hinaus Methoden und Konzepte anzuschauen“, erläuterte Dr. Barbara Getto, Leiterin der Geschäftsstelle E-Learning NRW. „Austauschformate wie auf der E-Learning-Konferenz passen sehr gut in unser Portfolio.“

Ähnlich ist das Anliegen des Hochschulforums Digitalisierung, einer bundesweiten, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Initiative von Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). „Ziel ist es, Leuchtturmprojekte für digitale Lehre in die Breite zu tragen und auf Hindernisse, die dabei vor Ort an den Hochschulen existieren, adäquat zu reagieren“, legte Martin Rademacher dar, Projektleiter „Hochschulforum Digitalisierung“ bei der HRK. „Dazu bauen wir derzeit ein bundesweites Netzwerk für die Hochschullehre auf.“ Das drängendste Problem bei der Umsetzung von Digitalisierungsansätzen seien die mangelnden Ressourcen öffentlich finanzierter Hochschulen.

Prof. Dr. Berthold Stegemerten, Vizepräsident für Studium und Lehre an der Hochschule Niederrhein und Mitglied im Programm-Ausschuss der Digitalen Hochschule NRW, führte in seiner Keynote „Digitalisierung und Kompetenzentwicklung“ aus, dass das digitalisierte Arbeits- und Berufsleben andere Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und -absolventen als früher fordere. Zugleich hätten sich die Eingangskompetenzen, die Studienanfängerinnen und -anfänger mitbringen, verändert. Wie ist das Studium als entscheidende Phase zwischen diesen Polen zu entwickeln? Hier haben Hochschulen, so Stegemerten, neue strategische Handlungsfelder zu definieren wie zum Beispiel zeitgemäße Lehr-und Lerninstrumente, die Individualisierung von Studium und Lehre oder die technische Infrastruktur. Bei der Ausgestaltung werde die Zusammenarbeit mehrerer Hochschulen in regionalen Verbünden bis hin zu zentralen Strukturen vielfach erforderlich oder hilfreich sein.

„Digitalisierung der Lehre. Herausforderung und Chance“ – der zweite Keynote-Speaker, Prof. Dr. Sönke Knutzen, Vizepräsident Lehre und Leiter des Instituts für Technische Bildung und Hochschuldidaktik an der Technischen Universität Hamburg, machte klar, dass Bildung im Sinne von Vorbereitung auf eine digitalisierte Welt auch eine „Frage der persönlichen Flexibilität, sich häufig im Leben neu zu erfinden“ sei. Innovationen verlaufen disruptiv: Uber verdrängt Taxis, Airbnb verdrängt Hotelketten, Streaming verdrängt Tonträger. Für Knutzen, der vor kurzem im Hamburger Hochschulverbund mit der Hamburg Open Online University offiziell online ging, könnten Ansätze wie forschendes Lernen zu Kompetenzen führen, die Studierende auch in der „Welt des Unbekannten“ Wissen und Forschungsmethoden neu erschließen lassen. Virtuelle Labore, Flipped-Classroom-Konzepte und diverse „one trick ponies“ – also Tools, die lediglich eine einzige Funktion erfüllen, dies aber exzellent – seien dabei die digitalen Mittel der Wahl. Knutzen schloss mit einem Blick auf internationale Perspektiven: das Learning Center im spektakulärsten Gebäude der Nanyang Technological University Singapur, der Learning Garden in der Chinese University of Hong Kong Library, der Lifelong Kindergarten am MIT Media Lab. Knutzens Appell: „Mitmachen und mitgestalten und nicht abwarten, was passiert.“

Nachmittags standen acht Workshops auf dem Programm, in denen Lehrende und Mitarbeitende überwiegend aus NRW ihre Praxisansätze und Erfahrungen im Bereich digitaler Lehre zur Diskussion stellten. Die Themen reichten vom E-LearningNRW-Zertifikat für Lehrende über den Einsatz agiler Projekttools in der Lehre und die Öffnung von Hochschulbildung für Geflüchtete durch digitale Lehr-Lernszenarien bis zu Flipped Classroom, Videos und Gamification.

Einige Ergebnisse aus den Workshops wie auch des Tages insgesamt für alle nochmal vor Augen zu stellen, dies war das Ziel der Ergebnisrunde, für die Prof. Dr. Hans Brandt-Pook vom Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit der FH Bielefeld seine Eindrücke wiedergab. Für Brandt-Pook war vor allem der „hands-on“-Charakter der Workshops positiv: dass es in ihnen um den praktischen Einsatz digitaler Elemente im Lehralltag ging. „Die E-Learning-Konferenz war ein Tag voller Anregungen und Ideen“, so Brandt-Pook. Wenn in Kürze unter der Konferenz-URL https://learninglab.uni-due.de/elnrw/elk2017 weitere Materialien zur Dokumentation der Veranstaltung bereit stehen, kann sich davon auch überzeugen, wer am Tag selbst nicht dabei war.

Geschäftsstelle E-Learning NRW
Hochschulforum Digitalisierung

Text: Dr. Karin Ilg