24.05.2017

„Lokal wachsender Prozess mit globaler Ausstrahlung“

Christian Felber spricht zum Auftakt der FH-Reihe „Ein Buch bewegt“ über die „Gemeinwohl-Ökonomie“.

Bielefeld (fhb). „Gemeinwohl-Ökonomie – ein Wirtschaftsmodell mit Zukunft“, so der Buchtitel. Autor Christian Felber war gekommen, um am 23. Mai im Audimax der Fachhochschule (FH) Bielefeld darüber zu sprechen: wie ein alternatives Modell die traditionellen und bekannten ersetzen kann, namentlich den eigensinnigen, gar unmoralischen Kapitalismus westlicher und östlicher Prägung. Im Mittelpunkt seiner Gemeinwohl-Ökonomie stehen Werte wie Menschenwürde, Nachhaltigkeit, globale Fairness, Solidarität, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung. Felber: „In Deutschland werden jährlich 57 Milliarden Euro Fördermittel in umweltschädigende Projekte gesteckt.“ Eine fatale Fehlentwicklung sei das. „Unser jetziges Wirtschaftssystem steht auf dem Kopf. Das Geld ist zum Selbst-Zweck geworden, statt ein Mittel zu sein für das, was wirklich zählt: ein gutes Leben für alle“, so Felber.

Vor gut sieben Jahren gründete er die Gemeinwohl-Initiative. Aus ihr wurde eine Bewegung, der – nach eigenen Angaben – mittlerweile über 2.250 Unternehmen, über 160 Organisationen und über 7.000 Personen angehören. Über 100 Regionalgruppen gibt es in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Spanien, Liechtenstein, Großbritannien, Portugal, Griechenland, Schweden, Niederlande, Luxemburg, Brasilien, Chile und den USA.

Die Gemeinwohl-Ökonomie versteht sich, wie auf ihrer Homepage zu lesen, als „ergebnisoffener, partizipativer, lokal wachsender Prozess mit globaler Ausstrahlung“.

Felber eröffnete mit seinem Vortrag und anschließender Diskussion die Veranstaltungsreihe „Ein Buch bewegt“. Ziel ist es, Menschen an der FH zu einem ausgewählten Buch miteinander ins Gespräch zu bringen. „Die Reihe schafft Raum für Diskussionen – in Studium und Lehre, über Fachbereichs- und Berufsgruppengrenzen hinweg, mit der Öffentlichkeit“, beschreibt Dr. Karin Ilg, Leiterin der Hochschulbibliothek, die Richtung des von ihr koordinierten Projekts.

Im Herbst 2016 wurden alle Fachbereiche aufgefordert, Vorschläge für Bücher einzureichen, die sich besonders dafür eignen, an der FH neue Ideen und Auseinandersetzungen anzustoßen. Gut ein Jahr nach den Umzügen der FH in ihre Campusneubauten passte diese Initiative hervorragend. Die Hochschule erfuhr mit ihrer Konzentration auf nun noch wenige Standorte nicht nur einen räumlichen und infrastrukturellen, sondern auch einen kommunikativen Wandel: wer näher zusammenrückt, tauscht sich viel leichter aus. Dr. Ilg: „Diese Entwicklung kann die Veranstaltungsreihe reflektieren, weiter anregen und in die Öffentlichkeit tragen.“

„Herrn Felber erlebte ich persönlich in einem seiner Vorträge. Er veranschaulichte sehr überzeugend und unter Einbeziehung der Zuhörer, dass ein alternatives Wirtschaftssystem gewünscht wird und möglich ist“, sagt Nermin Köklüce, Juristin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit der FH. Sie schlug das vieldiskutierte Werk von Felber vor. Nicht zuletzt durch die Unterstützung des Fachbereichs Wirtschaft und Gesundheit wurde das Vorhaben realisierbar. Dekan Prof. Dr. Uwe Rössler: „Wir wollen unsere Studierenden auch mit alternativen Vorstellungen und neuen, kontroversen Diskussionen vertraut machen.“

Zwei Studierende des AStA stießen ebenso dazu wie Helena Roth, Studentin am Fachbereich Sozialwesen der FH und Mitglied in der Hochschulgruppe für Gemeinwohl-Ökonomie der Universität Bielefeld. „Ein erweiterter Diskurs über Christian Felbers Ideen ist unser Ziel. Im Kontext von hochschulischen Einrichtungen kann der Gedanke ‚Gemeinwohl-Ökonomie‘ noch viel tiefer und kontroverser beleuchtet werden“, so Roth.

„Ein Buch bewegt“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Hochschulbibliothek, der Fachbereiche und des AStA der FH Bielefeld. Partnerprojekt ist die öffentliche Vortragsreihe „Tauschen, Teilen, Weitergeben – für eine neue Kunst des Zusammenlebens“ des Fachbereichs Sozialwesen und des AStA-Sozialreferats. Nähere Informationen auch zu den weiteren geplanten Aktivitäten der Veranstaltungsreihe gibt es auf der Projektseite:

www.fh-bielefeld.de/einbuch.