02.07.2019

NRW stärkt Kooperation von Fachhochschule, Universität und Industrie

Rund drei Millionen für neues Forschungszentrum – Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl überreicht Zuwendungsbescheid in der Fachhochschule

Bielefeld (fhb). Wie können langlebige Materialien entwickelt werden, die Ressourcen schonen und wie sieht eine industrielle Fertigung aus, die Rohstoffe einspart? Dies sind die langfristigen wissenschaftlich-technischen Ziele des „Centrums für interdisziplinäre Materialforschung und Technologieentwicklung“ (CiMT), das nun dank einer Förderungssumme von rund drei Millionen Euro neu eingerichtet wird. Finanziert wird das Forschungsprojekt jeweils zur Hälfte aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie aus Mitteln der Landesregierung im Rahmen des Wettbewerbs „Forschungsinfrastrukturen NRW“.

Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl überreichte am Dienstag, den 2. Juli 2019 in der Fachhochschule Bielefeld den Zuwendungsbescheid an die beteiligten Partner der Fachhochschule Bielefeld, der Universität Bielefeld, der Miele & Cie. KG, der LaVision BioTec GmbH sowie der CNC Speedform AG. Fachhochschule (FH) und Universität Bielefeld vereinen im Centrum für interdisziplinäre Materialforschung und Technologieentwicklung (CiMT) das „Bielefelder Institut für Angewandte Materialforschung“ (BIfAM, FH) und das „Bielefeld Institute for Nanoscience“ (BINAS, Universität) und bauen es zu einer kompletten Forschungs- und Entwicklungsplattform der Materialforschung aus.

„Die Fachhochschule und die Universität in Bielefeld kombinieren ihre Kompetenzen und speisen sie in ein leistungsstarkes Netzwerk ein“, sagte Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl. „Grundlagen- und anwendungsbezogene Forschung arbeiten Hand in Hand mit der heimischen Wirtschaft. Das macht das CiMT zum Turbo für den Innovationsmotor der Materialwissenschaften in Ostwestfalen-Lippe. Von den Ergebnissen werden alle profitieren: Wissenschaft, Wirtschaft, Umwelt und nicht zuletzt die gesamte Region Ostwestfalen-Lippe.“

Das strategische Ziel des CiMT ist, die komplementären Stärken der Fachhoch-schule und der Universität zu verbinden und die anwendungsorientierte Materialforschung in Partnerschaft mit technologisch führenden Unternehmen der Region für bessere Produkte und Produktionsprozesse zu nutzen. „Das CiMT-Projekt ist mit einem Gesamtförderumfang von rund drei Millionen Euro von besonderer Bedeutung für die Forschungs- und Transfer-Strategie der Fachhochschule Bielefeld“, sagte Prof. Dr. Friedrich Biegler-König, Vizepräsident für Planung und Infrastruktur. „Einerseits wird die Verbindung mit der Universität Bielefeld durch den Zusammenschluss der Materialforschungsinstitute gestärkt, andererseits wird auch der Transferaspekt durch Beteiligung einiger industrieller Partner betont.“

Prof. Dr. Reinhold Decker, Prorektor für Informationsmanagement der Universität Bielefeld, ergänzt: „Das neue Centrum ist ein hervorragendes Beispiel für die fruchtbare Zusammenarbeit von Universität und Fachhochschule. Die Konzeption des CiMT zeigt in vorbildlicher Weise, wie es gelingen kann, Wissen, Erfahrungen und Bedarfe aus der Wirtschaft mit denen der Wissenschaft sinnvoll und produktiv zu verknüpfen.“

Eine Fragestellung innerhalb des Projekts befasst sich mit Materialober- und -grenzflächen, die mechanisch, chemisch und biochemisch geschädigt werden können. Um langlebige Materialien zu entwickeln, müssen diese Alterungsprozesse im CiMT mit mikroskopischen Methoden sowie durch mathematische Modellierung verstanden werden. Erst dann können innovative Ober- und Grenzflächen entwickelt werden, die solche Prozesse unterdrücken bzw. besser vorhersagbar machen. Langfristig geht es darum, dauerhafte und ressourceneffiziente Materialien in optimierten industriellen Fertigungsverfahren mit hohem Einsparungspotenzial für Rohstoffe zu entwickeln.

Prof. Dr. Sonja Schöning, Projektleiterin seitens der Fachhochschule, betonte, die Nachhaltigkeit des Projekts. „Der Erfolg bestärkt nicht nur die Wichtigkeit der Kooperation mit Universität und Wirtschaft. Mit der Einrichtung des Centrums schaffen wir die Basis für eine auf Perspektive angelegte Form der Zusammenarbeit im Feld der Materialforschung. Unsere Projektpartner aus der Industrie sorgen darüber hinaus nicht nur für wertvolle Impulse zu unseren Forschungsthemen, sondern auch für die Streuung in ein breites Netzwerk.“

Ihr Projektpartner seitens der Universität Prof. Dr. Andreas Hütten, Fakultät für Physik der Universität Bielefeld betonte die Grundlagenforschung: „Das CiMT ermöglicht, Erkenntnisse aus unserer weit über Bielefeld hinaus bekannten Grundlagenforschung ohne Umwege in die Industrie zu bringen. Dabei erfüllt das Centrum in doppelter Hinsicht den Anspruch an Nachhaltigkeit. Es entwickelt langlebige Materialien und erarbeitet obendrein neue ressourcenschonende Herstellungsverfahren.“

Während der Förderphase soll das CiMT mit den Unternehmenspartnern Miele, CNC Speedform und LaVision BioTec als Innovationsplattform etabliert werden. Die Impulse aus den Materialwissenschaften und der Industrie sollen dann in die angewandte Forschung integriert und innerhalb der Wertschöpfungskette in NRW bis zum Prototypen abgebildet werden. Mit Blick auf diese industrielle Nutzbarmachung der Forschung erklärte Prof. Dr. Sebastian Oßwald, Leiter Center for Materials, Miele-Werk Gerätefertigung Gütersloh: „Von den Forschungsergebnissen des CiMT-Projektes versprechen wir uns ein besseres Verständnis möglicher Schädigungs- und Alterungsprozesse bei Stahl und Kunststoffen. Neues Wissen erfolgreich in qualitativ hochwertige und innovative Produkte umzuwandeln, ist eine der großen Stärken von Miele. Die Ergebnisse des Projektes und vor allem das daraus entstehende Netzwerk im Bereich der Materialforschung hier in Ostwestfalen sind aus Miele-Sicht ein großer Schritt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Region". „Wir versprechen uns viel von der Zusammenarbeit“, erklärte auch Michael Klein, Geschäftsführer von CNC Speedform AG. „Im CiMT kann die gesamte Forschungs- und Entwicklungskette von der Analytik auf atomarer Ebene über die angewandte Forschung bis zum Prototyp mit wissenschaftlichem Know-How abgedeckt werden.“

Mit der vorhandenen exzellenten Infrastruktur zur Grundlagenforschung und den zur Förderung vorgeschlagenen Geräten wird diese Kette auch für die Entwicklung von Technologien geschlossen. Die Bereitstellung dieser Forschungsinfrastruktur und die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft bietet enormes Potential für die schnelle Umsetzung von Produkt- und Prozessinnovationen vor allem hinsichtlich der Produktqualität und der Schonung von Ressourcen.

Dr. Heinrich Spiecker, Managing Director von LaVision BioTec, verwies darüber hinaus auf die entstehende Forschungslandschaft. „Wir freuen uns, dass sich in Bielefeld ein so hochkarätiges Konsortium für die Anwendung unserer ‚Advanced Microscopy‘ gefunden hat. Dabei kommt Kow-How in technischen und lebens-wissenschaftlichen Anwendungen zusammen. Wir freuen uns auch insbesondere auf die entstehende medizinische Fakultät der Universität Bielefeld. LaVision BioTec will mit der Muttergesellschaft Miltenyi Biotec auch hier zum starken Partner der neuen Forschungslandschaft werden. Nachhaltiges Wachstum braucht einen regionalen Rückhalt, der in OWL in hervorragender Weise vorhanden und sein wird.“

Der Dekan des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften und Mathematik (IuM), Prof. Dr. Lothar Budde, sieht die nun zustande gekommene Zusammenarbeit auch als Ergänzung zum Studienangebot. „Durch das CiMT wird unsere Forschung und Entwicklung nachhaltig gestärkt. Darüber hinaus passt es hervorragend in das Konzept des Fachbereichs IuM, Studierende praxisnah und am Bedarf der Wirtschaft orientiert auszubilden, so dass sich daraus spannende und vor allem praxisrelevante Inhalte ergeben.“

Mit dem Wettbewerb „Forschungsinfrastrukturen NRW“ wollen die Landesregierung und die EU die Innovationskraft der Wirtschaft stärken und fördert dazu Vorhaben zum Auf- und Ausbau von Forschungseinrichtungen und Kompetenzzentren. Das „Centrum für interdisziplinäre Materialforschung und Technologieentwicklung“ wurde aus 21 Bewerbungen neben weiteren 5 Projekten ausgewählt.