02.11.2022

Studierende der FH Bielefeld präsentieren ihre Fotoarbeiten des zweiten Semesters in einer Ausstellung unter dem Titel „Fundament“

Der Blick einer neuen Generation: Eine Exkursion nach Split und ein Seminar zum Thema „Macht“ bilden die Grundlage für die jetzt entstandene Fotoausstellung von Studierenden des Fachbereichs Gestaltung an der FH Bielefeld. Am Montag, den 7.11., um 11 Uhr lädt das Studierendenteam zur Preview für die Presse in die Lampingstraße 3, am Dienstag, den 8.11., um 18 Uhr ist Vernissage.

Bielefeld (fhb). Ein Mann mittleren Alters, an die Reling eines Schiffes gelehnt, eine Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand. Im Hintergrund, gleißend-dunstig: das Meer. Eine Küstenlinie zeichnet sich ab. Es ist mild. Der Mann trägt lediglich ein T-Shirt. Seine Haare sind vom Wind etwas zerzaust. Zwischen zwei Zügen hält er inne und verschränkt die Arme vor der Brust. Unverwandt blickt er dem Fotografen in die Kamera. Oder traurig? Oder wütend gar, weil dieser ihm zunahekommt?

Studierende der Studienrichtung Fotografie und Bildmedien am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule (FH) Bielefeld haben sich zusammengesetzt, um die Abschlussarbeiten ihres zweiten Semesters vor einem Jahr zu zeigen. Entstanden sind die Bilder auf einer Exkursion nach Split, die Prof. Roman Bezjak angeboten hat, und im Rahmen eines Seminars von Prof. Katharina Bosse zum Thema „Macht“. Jetzt haben die Studierenden die Arbeiten zu einer Ausstellung unter dem Titel „Fundament“ verdichtet. Am kommenden Dienstag, den 8. November, laden sie ab 18 Uhr zur Vernissage in die Räume des Fachbereichs in der Lampingstraße 3 ein.

Leon Haas: „Jesmo li pobijedili?“ (Haben wir gewonnen?)

Sechs Personen stehen auf einer Wiese und schauen in die Kamera
DIe Ausstellung wurde von den Studierenden eigenständig kuratiert.

Das eingangs beschriebene Bild gehört zu Leon Haas‘ Serie „Jesmo li pobijedili?“ (Haben wir gewonnen?). Der junge Fotografie-Studierende möchte das Alltägliche fotografieren, „um seine Umgebung kennenzulernen“. Haas nutzte die Exkursion, um die Bevölkerung Splits zu porträtieren. Er wagte sich dabei bis zur Grenze der Intimität an einzelne Menschen heran. Entstanden sind ausdrucksstarke, authentische Porträts.

„Fundament“ haben die Studierenden ihre Ausstellung genannt, weil es sich um Zweitsemesterarbeiten handelt, die gleichsam das Fundament der gestalterischen Auseinandersetzung einer neuen Generation von Fotografinnen und Fotografen an der FH bilden. Die Bilder geben einen Einblick in die fotografische Gesellschaftsauffassung der jungen Künstlerinnen und Künstler und befassen sich mit den Fundamenten menschlichen Zusammenlebens. Fotografie soll nicht nur genutzt werden, um Gesellschaften abzubilden, sondern auch um sie zu begreifen.

Hugo Hilpmanns „Kvarts“ – Menschen und Waschbetonkulissen

Gezeigt werden 29 Arbeiten. Darunter auch die auf der Exkursion nach Split entstandene Arbeit von Hugo Hilpmann unter dem Titel „Kvarts“. Hilpmann ist der Frage nachgegangen, wie sich der Mensch sein Viertel aufbaut, wenn er es selbst verwalten kann? Antwort fand er in den Kvarts, einer selbstverwalteten Nachbarschaft in Split. Um einen Eindruck von den Kvarts zu vermitteln, hat sich Hugo dem Viertel mit einer Mischung aus Porträtaufnahmen und Architekturbildern genähert. Erbaut in den siebziger Jahren des sozialistischen Jugoslawien, bieten die Kvarts dem Fotografen Bildwelten, die Menschen vor gewaltigen Waschbetonkulissen zeigen. Im zentralen Bild werden die beiden Formen der Fotografie geschickt verbunden und offenbaren den Kontrast von Mensch zu Architektur.

Drei Fotoarbeiten
Von links nach rechts: Arbeiten der Studierenden Felix Löseke, Luis Dietrich und Hugo Hilpmann.

Krieg und Flucht in „Ohnmacht“ von Felix Löseke

In „Ohnmacht“ setzt sich Felix Löseke, der das Seminar von Prof. Katharina Bosse besucht hat, mit der Vergangenheit von vier Menschen auseinander, die Krieg und Flucht machtlos ausgeliefert waren. Ähnlich einem Reporter nähert er sich den Personen und ihren Geschichten in Interviews, welche die Vorarbeit dieser Arbeit darstellen. Die so dokumentierten Einzelschicksale befragt er nun nach Gemeinsamkeiten von Fluchtgeschichten und persönlichen Unterschieden der einzelnen Schicksale. Dabei entsteht eine packende Arbeit, die sich im Spannungsfeld zwischen Inszenierung und Dokumentation bewegt ohne jedoch hinter der völligen Losgelöstheit von Fakten im Stile einer „mockumentary“ zu verstecken.

Luis Dietrichs „Faggot!“ bearbeitet Mobbing gegen Schwule

„Faggot!“ ist eine herabsetzende Bezeichnung eines schwulen Mannes und der Titel der Arbeit von Luis Dietrich. Die Arbeit ist ebenfalls im Seminar von Prof. Bosse entstanden. Hier setzt sich Dietrich mit den Wirkungsweisen homophoben Mobbings auseinander. Thematisiert werden die Einsamkeit, Machtlosigkeit und Angst der Ausgestoßenen – Gefühle, die er selbst während seiner Schulzeit durchlitten hat. Der Künstler möchte ein Identifikationspotential für diejenigen Menschen schaffen, die mit den gleichen Erfahrungen wie er selbst zu kämpfen haben. Die Arbeit zeigt die verletzliche Seite des Fotografen, der sich nicht nur hinter der Kamera verortet, sondern auch selbst in den Bildern zu sehen ist und die Machtgefälle einer hierarchisch geprägten Schulzeit offenlegt. (hhi/lk)

Vernissage

Die Ausstellung wird am Dienstag, den 8. November 2022, um 18 Uhr in den Räumen des Fachbereichs in der Lampingstraße 3 eröffnet.

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Studienrichtung Fotografie und Bildmedien
Fachbereich Gestaltung