13.11.2017

Tagung gegen Diskriminierung und Stigmatisierung

Betroffene und Angehörige stellen an der FH Bielefeld Projekte zum Umgang mit Ausgrenzung vor.

Bielefeld (fhb). Die Tagung „…und raus bist Du, …raus bin ich noch lange nicht…“ zum Umgang mit Stigmatisierung im Kontext neoliberaler Politik hat am 9. November Betroffene und Personen aus dem professionellen Umfeld zusammengebracht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich im Theater der Fachhochschule (FH) Bielefeld in Kurzvorträgen und Diskussionen über gesellschaftliche Ausgrenzung, deren Ursachen und Folgen ausgetauscht. Veranstalter waren die Regionalgruppe OWL der Soltauer Initiative für Sozialpolitik und Ethik, die Westfälische Gesellschaft für Soziale Psychiatrie, der Verein Psychiatrie erfahrener Menschen Bielefeld und der Fachbereich Sozialwesen der FH Bielefeld.

Daniela Krause, Mitarbeiterin am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld, beleuchtete in ihrem Vortrag über die „Stigmatisierungsprozesse im Kontext neoliberaler Politik“ die Hintergründe, Zusammenhänge und Auswirkungen  von Vorurteilen und Ungleichwertigkeit. „Vorurteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie große Schubladen aufreißen“, sagte Krause. Demnach würden Menschen einer sozialen Gruppe zugewiesen und aufgrund der Zugehörigkeit als anders, fremd, unnormal oder ungleich markiert. Daraus ergebe sich die „Ideologie der Ungleichwertigkeit“, also die Abwertung gegenüber sozialen Gruppen, von denen alle Menschen betroffen sein können, wie Menschen mit Behinderung oder Langzeitarbeitslose, aber auch aus politischen Hintergründen oder wegen ihrer Nationalität. Auch Geschlechtlichkeit kann ein Grund für die Ungleichwertigkeit sein, wonach andere Menschen als „weniger wert“ einstuft würden.  Krause wies darauf hin, dass die Vorurteile miteinander im Zusammenhang stehen und von politischen und wirtschaftlichen Veränderungen beeinflusst werden. Zudem zeigte die Rednerin anhand von Ergebnissen aus einer vom IKG mit der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführten Studie zu rechtextremen Einstellungen in Deutschland, dass es nach wie vor eine Minderheit an Menschen gibt, die rechtsextremen Aussagen vollständig oder teilweise zustimmen.

Psychiatrie-erfahrene Menschen und Angehörige Schwerbehinderter stellten während der Tagung Projekte vor, mit denen sie sich gegen die gesellschaftliche - und Selbststigmatisierung wehren. Dr. Ingo Runte, Leiter der Klinik für mittelfristige psychiatrische Behandlung im Evangelischen Klinikum Bethel, thematisierte, wie der Offene Dialog mit Familien- und Netzwerkgesprächen eine Stigmatisierung vermeiden oder verhindern kann. Demnach ermöglicht der Offene Dialog sehr frühe und unkomplizierte Hilfen im Lebensumfeld der Betroffenen. Zudem würden alle Beteiligten der Familien- und Netzwerkgespräche wie Nachbarn, Kollegen oder Angehörige  umfangreiche Informationen zum Behandlungsverlauf erhalten.

Zudem konnten die Tagungsgäste die Wanderausstellung „Der Mensch ist (k)eine Ware“  besuchen, in der die Auswirkungen des Neoliberalismus in den unterschiedlichen Praxisfeldern vom Krankenhaus über das Jobcenter bis zur Kinder- und Jugendhilfe auf Bild- und Texttafeln beispielhaft veranschaulicht werden.

Die Ausstellung kann noch bis Freitag, 17. November, in der Magistrale im Hauptgebäude der FH Bielefeld besucht werden.