10 Jahre Schülerlabor - Das seltsame Leben des experiMINT Schüler*innenlabor

Es ist ein seltsames Ding mit dem Labor. Im Gegensatz zu anderen Dingen auf der Welt wurde es im Laufe der Jahre nicht altmodisch. Die Fähigkeit zu lernen und sich auf Neues einzulassen, wohnt diesem Ort inne. Es zeigt kaum Alterserscheinungen – nur die grauen (Bart-)Haare der Mitarbeiter*innen lassen erahnen, dass 10 Jahre ins Land gegangen sind. Die Inhalte hingegen sind alles andere als anachronistisch. Zugegeben, es gibt immer noch den Workshop zu Leonardo da Vinci – aber der Mann war seiner Zeit voraus: als mutmaßlich linkshändiger, schwuler, langhaariger Vegetarier würde er heute in weiten Teilen der Welt nicht weiter auffallen und die Teile der Welt, in denen diese Eigenschaften immer noch auf den Scheiterhaufen führen, haben möglicherweise die letzten 500 Jahre verschlafen. Und schließlich ist es Leonardo zu verdanken, dass das Labor seine berühmten 5 Minuten hatte und im Fernsehen war.

Auch andere Workshopinhalte sind uns geblieben: Kreative Brückenkonstruktionen zum Beispiel. Aber ernsthaft: Wer will schon auf Brücken verzichten? Also können wir bei Leonardo und den Brücken getrost von Dauerbrennern reden.

Selbstverständlich hat nicht alles überlebt. Wir haben gelernt, dass eine Platte, die durch ein „Zerreißdingsbumsexperiment“ mit einem leisen „pffffff“ in zwei Teile geteilt wird, zwar einer Ingenieur*in Tränen der Rührung in die Augen treiben kann, eine/r Schüler*in jedoch nur ein weiteres Fragezeichen ins Gesicht zaubert.

Nicht nur die Inhalte bleiben in Bewegung und erneuern sich, auch der Ort, an dem sich das Labor befindet ist mega: einst versteckt auf einem verstaubten Dachboden, erstrahlt das experiMINT Schüler*innenlabor seit 5 Jahren jeden Morgen in der aufgehenden Sonne in seiner ganzen Größe und wird stets getrimmt.

Fragezeichen zu Ausrufungszeichen

Wir haben gelernt, dass 4h Workshop niemanden dazu bringen, sich an der FH einzuschreiben. Daher ging es auch schnell mehr darum, Interesse zu wecken, Spaß an der Sache zu haben, ein kleines Türchen öffnen – auch wenn dieses Türchen der/dem Schüler*in zeigte, dass Ingenieurwissenschaften vielleicht doch nicht so ihrs/seins sind.

Wir haben gelernt, dass man nicht nur AUF Papier drucken kann, sondern auch AUS Plastik.

Wir haben gelernt, dass Robotik schon vor 10 Jahren in war - und heute? ist sie es erst recht! Und mit Pepper ist zwar ein etwas sperriger, aber extrem hipper Kollege ins Labor eingezogen: Gefördert durch das EFRE-Projekt „Interprofessionell von Anfang an: Biologie – Technik – Gesundheit“ wendet sich das Schüler*innenlabor zusammen mit dem Pflegeroboter Pepper interdisziplinären Themen zu.

Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir gelernt, dass das Labor auch auf Distanz funktioniert: Herausfordernd war vor allem den Anspruch des experiMINT Schüler*innenlabors aus der realen Welt in die digitale zu übertragen: Das experiMINT arbeitet möglichst praxisnah, die Teilnehmer*innen können immer etwas selber machen, halten meist am Ende etwas selbst gemachtes in der Hand und können einen Blick in die spannende Welt der Ingenieurwissenschaften erlangen. Mit dem Workshop „Konstruktion & 3D-Druck – Handyhalterung“ ist dies gelungen: Die CAD-Software kommt in der wirklichen Arbeitswelt von Ingenieurinnen zum Einsatz, die Jugendlichen konstruieren ihre eigene Halterung und können diese am Ende benutzen.

Überraschungskiste

Wir haben gelernt, dass Programmieren ziemlich cool sein kann – egal ob App oder Game. Wir haben VR-Brillen aufgesetzt und am virtuellen Abgrund stehend auch erschreckt wieder abgesetzt. Wir haben Holz gelasert, Putzroboter gebaut, Synthesizer gelötet, Fingerprothesen konstruiert und mit dem 3D-Drucker gedruckt. Wir haben Lego-Roboter und wilde Kettenreaktionsmaschinen entworfen. Unsere selbstgebauten Exponate lassen Besucher*innen umfallen, durch Rauchringe steigen, Schleimmonster anfassen oder beschneien sie mit bunten Federn.

Im Laufe der letzten 10 Jahre ist das experiMINT Schüler*innenlabor zu einer großen und bunten Überraschungskiste für MINT-interessierte Schüler*innen geworden. Und vielleicht ist es gerade das, was das Schüler*innenlabor nicht altern lässt: Der neugierige Blick über den Tellerrand, sich übe

rraschen zu lassen von Dingen und Menschen und jeden Morgen in der aufgehenden Sonne den Fokus noch mal scharf zu stellen und zu überprüfen. Und so ist es nur logisch, dass vor einem Jahr der kleine Stern in die Mitte des Namens des experiMINT Schüler*innenlabors gehüpft ist. In aller Bescheidenheit soll dies auch ein Symbol dafür sein, dass sich das Schüler*innenlabor in vieler Hinsicht bemüht, nicht nur technisch am Zahn der Zeit zu sein, sondern sich darüber hinaus auch gegen überkommene Ansichten und für Toleranz einsetzt.