Rademaker, Anna Lena Agency & Gesundheit in der Lebenswelt junger Menschen.

Im Diskurs um gesundheitliche Chancen(un)gerechtigkeit scheint aus Perspektive
der Sozialen Arbeit zunächst einmal die Frage nach dem individuellen Leidensdruck
der Menschen ein plausibler Ausgangspunkt. Der Sozialen Arbeit obliegt
es die Gesundheitschancen, ihren Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, gemeinsamer
Verantwortung und Achtung von Vielfalt (IFSW, 2014) nachkommend, kritisch zu
hinterfragen, mit dem Ziel Menschen dahingehend zu stärken »existenzielle Herausforderungen
zu bewältigen und das Wohlergehen zu verbessern« (ebenda). Die
Förderung gesundheitlichen Wohlbefindens (WHO, 1986) kann kaum von einer
Förderung alltäglichen Wohlbefindens getrennt werden. Die WHO argumentiert
zwar ausgehend von Gesundheit als subjektives Wohlbefinden, bleibt aber am
biopsychosozialen Paradigma (WHO, 1948), wohingegen die IFSW Wohlbefinden
auf alle Lebensbereiche bezieht, dabei Gesundheit nicht expliziert, sondern in den
Alltag der Menschen subsumiert. Das muss sie m.E. nach auch nicht. Als Menschenrechtprofession
ist der Sozialen Arbeit Gesundheit ein selbstverständlicher
Bestandteil im Leben der Menschen: »The right to health is a fundamental part of
our human rights and of our understanding of a life in dignity« (OHCHR, 2002).
Dichotom betrachtet kann diesem Recht auf ein vollständiges körperliches, geistiges
und soziales Wohlbefinden (WHO, 1948) in der geforderten Tragweite der Vollständigkeit
in der Realität kaum nachgekommen werden (Schramme, 2012; Whiteback,
2012). Im Fokus steht vielmehr ein individuell wertgeschätztes Gleichgewicht von
Gesundheit und Krankheit im Alltag, um Gesundheit zu empfinden. Dies verweist
unumgänglich auf die soziokulturelle Verwobenheit von Gesundheit im Alltag der
Menschen. Gesundheit versteht sich als Potenzial, das sich in Lebensqualität und
-freude im Sinne des alltäglichen subjective well-being in seiner soziokulturellen
Verwobenheit im Alltag der Menschen zeigt.