21.06.2017

InBVG Kolloquium

Telemedizin in der Kardiologie – zwischen Projekt und Regelversorgung
Dr. Martin Schultz, Leiter des IFAT (Institut für angewandte Telemedizin)

Im Rahmen des InBVG-Kolloquiums referierte Herr Dr. Martin Schultz, Leiter des IFAT (Institut für angewandte Telemedizin) in Bad Oeynhausen zum Thema Telemedizin. Telemedizin ist eine innovative Behandlungsform zur Überbrückung von Distanzen zwischen Arzt und Patient mittels moderner Telekommunikationstechnologien. Der Teilnehmerkreis des Kolloquiums setzte sich interdisziplinär aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachbereiche Wirtschaft und Gesundheit sowie Ingenieurwissenschaften und Mathematik zusammen.

Zunächst stellte Herr Dr. Schultz das IFAT vor, ein Institut des Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen, das bundesweit Patientinnen und Patienten telemedizinisch betreut. Es arbeitet in enger Kooperation mit der Klinik für Kardiologie sowie dem Diabeteszentrum (beides angesiedelt am Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen) zusammen. Zurzeit werden im IFAT ca. 700 Patientinnen und Patienten telemedizinisch betreut. Die Telemedizin umfasst dabei die drei Komponenten

      • Telemonitoring,
      • Fernberatung/Selfempowerment und
      • Leitlinienkonforme Therapie

Der Bereich Telemonitoring ermöglich eine regelmäßige Überwachung der Vitalwerte der Patienten, um – wenn notwendig – gezielt Interventionen einleiten zu können. Fernberatung bzw. Selfempowerment beinhaltet regelmäßige Patientengespräche, beispielsweise zur Symptomabfragung, zum Coaching, zur Prävention und zur Therapieüberprüfung. Die Leitlinienkonforme Therapie gewährleistet eine mit dem Hausarzt und dem niedergelassenen Kardiologen abgestimmte Patientenversorgung. Aktuell bietet das IFAT verschiedene Betreuungsprogramme für Patientinnen und Patienten an. Beispielsweise Herzinsuffizienz-Management, Telerehabilitation, Telekardiologische Nachsorge und Gerinnungsmanage­ment. Den Patienten steht jederzeit ein Ansprechpartner im IFAT zur Verfügung, so dass auch die Notfallversorgung gesichert ist.

Als vorrangige Ziele dieser Programme und der Telemedizin allgemein nannte Herr Dr. Schultz die Reduzierung von Krankenhausaufenthalten, Notfalleinweisungen und Arztbesuchen sowie die Senkung der Mortalitätsrate. Weiterhin bezwecke die Telemedizin ein besseres Krankheitsverständnis der Patientinnen und Patienten, eine größere Effektivität der Arzneimitteltherapie und eine positive Wirkung auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten.

Entwicklungsbedarf zeigte Herr Dr. Schultz dahingehend auf, dass die Telemedizin nicht Bestandteil der Curricula in der Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal sei. Deswegen schule das IFAT sein Personal selbst in der Nutzung von Technik, Auswertung von Daten, Indikationstellung etc.

Zudem würden die überwiegenden Leistungen der Telemedizin durch integrierte Versorgungsverträge mit einzelnen Krankenversicherungen oder durch Selbstzahler finanziert. Hier ist jedoch ein Anfang gemacht: Eine telemedizinische Leistung, die telekardiologische Nachsorge, wurde 2016 in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen und ist somit Bestandteil der Regelversorgung.

Das Kolloquium endete mit einer Diskussions- und Fragerunde, in der unter anderem die (technisch machbare) Zukunft der Telemedizin diskutiert wurde. Darüber hinaus gab es Anregungen und Überlegungen dazu, inwieweit neben der Telemedizin der Bereich Telecare weiter etabliert werden könne.